Quo vadis Germania?

Check, Dienstag, 03. Juni 2003, 21:07 (vor 7843 Tagen) @ Alteuropäer

Alteuropäer schrieb:

Hier handelt es sich
nicht um "eine Sachfrage", in der die Alteuropäer
anderer Meinung sind als die US-Regierung, sondern
darum, wie zukünftige Außen- und Innenpolitik
aussehen wird. Die Pläne der Bush-Regierung,
globale militärische und wirtschaftliche Hegemonie
über andere Staaten, Hand in Hand gehend mit einer
stetigen Beschneidung verfassungsmäßig
garantierter Bürgerrechte im Inneren, sind eben
nicht die außen- wie innenpolitschen Vorstellungen
Europas von der Welt; das Getue in Evian war
diente ohnehin bloß dem schönen Schein für die
Medien.


Zuerst einmal müsste doch der Begriff Europa
geschweige denn Alteuropa genauer hinterfragt
werden. Als gäbe es eine einheitliche europäische
Linie in der Positionierung gegenüber den
Vereinigten Staaten. Ich sehe da Deutsche,
Franzosen, Briten, Polen, Spanier und Belgier,
aber eigentlich keine Europäer.

Dass es grundsätzliche politische Unterschiede
zwischen ‚Europa´ und Amerika geben mag, will ich
gar nicht bestreiten. Es wird den Alteuropäern,
die du meinst, aber wohl kaum gelingen, Europa auf
einen gemeinsamen antiamerikanischen Kurs
einzuschwören. Das kann auch gar nicht im
gesamteuropäischen Interesse liegen.

Der Irak war eben doch zunächst einmal nicht mehr
als eine Sachfrage. Inwiefern du diese Frage als
Teil einer groß angelegten Strategie betrachtest,
bleibt zunächst einmal Deiner Spekulation
überlassen. Für mich ist es politische
Kurzsichtigkeit, das transatlantische Bündnis über
einen orientalischen Despoten zerplatzen zu
lassen. Wenn das die Zielsetzung europäischer
Politik künftig sein sollte, können sich Despoten
und Terroristen weltweit schon mal die Hände
reiben. Tatsache ist, dass Europa bislang der
amerikanischen Präventivstrategie nichts
Gleichwertiges entgegensetzen konnte. Diese
amerikanische Strategie bedeutet ja nicht
blindwütiges Losschlagen gegen jedes Ziel, welches
sich bietet. Gerade für die Irakintervention
ergibt sich ein Bild vielfältiger und keineswegs
nur unberechtigter Gründe für die amerikanische
Position. Wenn ich die gegenwärtige Debatte über
Wolfowitz´ Verlautbarungen betrachte, kann ich nur
schmunzeln, wie sich manche über eine Petitesse
die Köpfe heiß reden können. Jeder weiß doch, dass
es im Irak um wesentlich vielschichtigere Dinge
ging als nur um den völkerrechtlich relevanten
Tatbestand bestimmter Massenvernichtungsmittel.

Man mag den Amerikanern aus europäischer Sicht
vielleicht unangemessenes Handeln vorwerfen, das
in seiner Entschiedenheit so manchen Alteuropäer
eher abschreckt als ihn für ein gemeinsames
westliches Vorgehen gewinnt. Umgekehrt muss sich
Europa aber vorwerfen lassen, überhaupt nicht
handlungsfähig und -willig zu sein. Die
französische - und mit ihr im willfährigen
Schlepptau - die deutsche Position kommt mir vor,
als säßen Gottlieb und Babette Biedermann Zigarre
rauchend im gemütlichen Wohnzimmer, während die
Brandstifter im Dachboden ungehindert ihre
Benzinfässer rollen.

Und der Gedanke, Europa müsse sich nun
ausgerechnet als demokratischer Lehrmeister
Amerikas profilieren, kommt mir schon sehr
verwegen vor, da man sich noch nicht einmal als
fähig erwies, Demokratie in Jugoslawien
herbeizuführen. Vom Irak und vielen anderen
Staaten dieser Welt möchte ich da gar nicht erst
reden.


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