Stefano Stefanis Anmassungen

bla, Mittwoch, 09. Juli 2003, 16:35 (vor 7812 Tagen)

Der Mann hat einen längeren Artikel als die zwei
Sätze über supernationalistische Blondinen
veröffentlicht, hier ein Auszug:

«Wir kennen sie gut, die Deutschen. Diese
stereotypisierten Blonden mit dem
hypernationalistischen Stolz, schon seit jeher
dazu indoktriniert, sich unter allen Umständen als
die Klassenbesten zu halten. Und wie alle
Klassenbesten versäumen sie keine Gelegenheit,
sich anmaßend zu verhalten. (...)

Es hat nämlich der ehemalige Buchhändler von
Helrath, Martin Schulz, keine Sekunde versäumt,
unseren Ministerpräsidenten anzugreifen, und an
der Intelligenz und Kompetenz unserer Minister zu
zweifeln. Auf diese Weise hat Schulz absichtlich
alle Italiener beleidigt, die sich mit ihrer
Stimme demokratisch dafür entschieden haben, von
diesen Parteien vertreten zu werden.

Ich bin empört, aber nicht verwundert. Die
Deutschen sind es gewohnt, sich so zu benehmen.
Sie essen unsere Spaghetti, aber sie versäumen
keine Gelegenheit, sie gleichzeitig auf einem
Teller mit einem Revolver statt mit der Soße
darzustellen. Sie fallen lärmend über unsere
Strände her, aber sie vergessen es gleichzeitig
nicht, vor Beginn der Reisesaison in ihrer
meistgelesenen Tageszeitung Bild (..) die Zahl der
Autodiebstähle in Rimini oder sogar die letzten
Statistiken der Mafiatoten auf Sizilien zu
erwähnen.

In den vergangenen Tagen schließlich, anlässlich
der italienischen EU-Präsidentschaft, hat der
"Spiegel" keine bessere Titelseite gefunden als
jene mit dem Foto von Berlusconi, der auf einem
Thron sitzt mit der Überschrift "Der Pate". Die
Botschaft liegt auf der Hand: "Berlusconi ist ein
Mafiaboss und daher ist Italien ein Mafialand
voller mafiöser Wähler. Ich habe nie die Deutschen
als feine Humoristen geschätzt und dieser traurige
Vergleich hat mich nicht zum Lachen gebracht.
(...)

Wir haben es nicht nötig, dass sie zu uns kommen,
um uns zu belehren. Die Mafia ist Synonym für Tod
und Leid. Ähnliche Anspielungen sind nicht
angebracht und beleidigend. Aber dieser Martin
Schulz, der wahrscheinlich mit dröhnenden
Rülpswettbewerben nach Bier- und Fressgelagen mit
frittierten Kartoffeln aufgewachsen ist, ignoriert
dies. Er ist aber gleichzeitig fähig, sich empört
und perplex zu zeigen, indem er mit seinen
Mäuseaugen rollt und mit lauter Stimme den
öffentlichen Pranger für denjenigen verlangt, der
eine einfache scherzhafte Bemerkung ohne
Bösartigkeit gemacht hat, als Antwort auf seine,
ja, Bösartigkeit. (...)

Es ist wahr, Berlusconi hat ein Wort erwähnt, das
die Deutschen aus ihrer Erinnerung löschen wollen.
Das gleiche Wort, das die Deutschen auf
opportunistische Weise nicht versäumen
hervorzuholen, um es einem italienischen Minister,
vielleicht der Lega, indirekt anzuhängen.

Das ist zu bequem. Wir haben diese billigen
Strategien satt. Das ist die typische Haltung der
Unsicheren, die angreifen, wissend, dass sie
verwundbar sind. Und wenn in der Vergangenheit ein
einfacher Auto-Elchtest ausreichte, um die
Fehlbarkeit und das Umkippen dieses Landes zu
zeigen, das trunken von eingebildeten Gewissheiten
ist - wer weiß wie viele Gewissheiten ein
gebotener, sogar nötiger und unverzichtbarer
Intelligenztest zusammenbrechen ließe.»

http://portale.web.de/Schlagzeilen/EU/?msg_id=3326
787

Die "Abstimmung" auf der Web.de Seite übrigens,
gibt Stefanis Äusserungen einen gewissen halt

"Wo machen Sie dieses Jahr Urlaub?
Italien - trotz Berlusconi
USA - trotz Bush
Andernorts in Europa
Übersee, aber nicht in USA
"Balkonien"
"

Fast schon wie aus einem Klischee Lehrbuch.

Stefano Stefanis Anmassungen

blabla, Mittwoch, 09. Juli 2003, 20:51 (vor 7811 Tagen) @ bla

Das ist aber ein ausgezeichneter Artikel. Kein
Wunder, daß bei uns die Zitate aus dem
Zusammenhang gerissen werden und nur das gebracht
wird, was uns als Opfer erscheinen läßt.

Ich bin auch drauf reingefallen.

Den Spiegel-Titel fand ich genauso unmöglich. Wir
wissen für andere immer alles besser.

Stefano Stefanis Anmassungen

alex, Mittwoch, 09. Juli 2003, 21:20 (vor 7811 Tagen) @ bla

bla schrieb:

http://portale.web.de/Schlagzeilen/EU/?msg_id=3326
787

Die "Abstimmung" auf der Web.de Seite übrigens,
gibt Stefanis Äusserungen einen gewissen halt

"Wo machen Sie dieses Jahr Urlaub?
Italien - trotz Berlusconi
USA - trotz Bush
Andernorts in Europa
Übersee, aber nicht in USA
"Balkonien"
"

Fast schon wie aus einem Klischee Lehrbuch.


Tja,es war wohl überfällig,dass den Deutschen das
mal so um die Ohren gehauen wurde, und das es
durch die uns wohlgesonnenen Italiener passiert
ist, sollte wirklich nachdenklich machen.Dabei
geht es weniger um das inhaltliche,die Italiener
haben einfach ihrerseits die deutschen Klischees
satt.Mit gutem Recht, bin gespannt auf die Spanier
und die Türken, denen fällt bestimmt auch bald was
passendes ein.Außerdem sind die besserwisserischen
Deutschen nun das europäische Problemkind und
nicht mehr die Italiener und die Spanier.

Stefano Stefanis Anmassungen

q.e.d., Mittwoch, 09. Juli 2003, 22:07 (vor 7811 Tagen) @ alex

Alex schrieb:
Außerdem sind die besserwisserischen
Deutschen nun das europäische Problemkind und
nicht mehr die Italiener und die Spanier.
--------------------
Sichtlich empört verlangte Bundesinnenminister
Otto Schily die Ablösung Stefanis. Schily, der in
der Toskana ein Feriendomizil besitzt, sagte,
Stefani habe die Fremdenverkehrsbranche des
eigenen Landes "auf üble Weise kompromittiert".
Man müsse die Frage stellen, ob ein Mann, der
einen Wirtschaftszweig auf diese Weise beschädigt,
in seinem Amt tragbar sei. Der SPD-Politiker
warnte auch vor möglicherweise ernsten
Konsequenzen für die italienische
Tourismusbranche.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,25651
0,00.html
-------------------------

Otto mischt sich in die inneren Angelegenheiten
Italiens ein. Otto weiß, was für die italienische
Fremdenverkehrsbranche gut ist. Otto macht sich
den Kopf von Silvio Berlusconi, denn es wäre ja
wohl an ihm zu beurteilen, ob St.St. im Amt
tragbar ist. Otto weiß auch, daß es möglicherweise
ernste Konsequenzen für die italienische
Tourismusbranche geben könnte.

Warum fordert Otto nicht gleich, man möge ihn zum
italienischen Staatschef erheben?

Oder bildet Otto sich vielleicht ein, daß er das
schon ist?

Der Artikel von St.St. bekommt immer mehr
Gültigkeit. St.St. hatte allerdings die deutschen
Prollis im Visier.

Sollten Otto und Gerhard auch dazu gehören?

Stefano Stefanis Anmassungen

alex, Donnerstag, 10. Juli 2003, 02:01 (vor 7811 Tagen) @ q.e.d.

Auch ganz interessant.
http://www.weltwoche.ch/ressort_bericht.asp?asset_
id=5398&category_id=62

Stefano Stefanis Anmassungen

Check, Donnerstag, 10. Juli 2003, 03:10 (vor 7811 Tagen) @ alex

alex schrieb:

Auch ganz interessant.
http://www.weltwoche.ch/ressort_bericht.asp?asset_
id=5398&category_id=62



Klasse Interview! Entspannt, realistisch, ohne
prätentiösen Dünkel, wie wir ihn von einer
aufgebrachten intellektuellen,
teufelswandmalerischen Weltverbesserungsfraktion
hinreichend gewöhnt sind.

Stefano Stefanis Anmassungen

Smadar, Donnerstag, 10. Juli 2003, 10:54 (vor 7811 Tagen) @ alex

taliener

haben einfach ihrerseits die deutschen Klischees
satt.Mit gutem Recht, bin gespannt auf die Spanier
und die Türken, denen fällt bestimmt auch bald was
passendes ein.Außerdem sind die besserwisserischen
Deutschen nun das europäische Problemkind und
nicht mehr die Italiener und die Sp

Stefano Stefanis Anmassungen

Smadar, Donnerstag, 10. Juli 2003, 11:06 (vor 7811 Tagen) @ Smadar

Ups, da habe ich wohl die falsche Taste erwischt
beim vorangegangenen Beitrag...

Reicht mir ein Taschentuch für die geschundenen
Italiener! Ich weine wirklich meine Tastatur naß.

Ich kenne kein Volk, das so intensiv an der
Verbreitung eigener Klischees gearbeitet hat wie
die Italiener - sei es mit Schriftstellern wie
Andrea Camilleri, Forscher wie Salvatore Tufano
oder Pino Arlacchi, italienischen Mafiaserien, die
auf der ganzen Welt gesendet wurden oder Giulio
Andreotti persönlich.

Selbst wenn sie sich gegen diese Klischees wehren
wollen, fällt ihnen nichts anderes ein, als diese
zu wiederholen und mit Klischees anderer Nationen
anzureichern. Da hast du ganz recht Alex.

Stefano Stefanis Anmassungen

Nadine, Donnerstag, 10. Juli 2003, 22:34 (vor 7810 Tagen) @ Smadar

http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/370/143
56/

Eben erst gelesen. Sehr interessant...

Stefano Stefanis Anmassungen

q.e.d., Donnerstag, 10. Juli 2003, 22:58 (vor 7810 Tagen) @ Nadine

"Vor allem Schilys Auftritt am Mittwoch entsprach
in seiner gesamten Gestik so präzise dem, was
selbst wohlgesonnene Italiener am Gebaren mancher
Deutscher irritiert und erbittert, dass man
Mitleid bekommen könnte mit den Freunden im Süden.
Viele von ihnen, mutmaßlich die Mehrheit, genieren
sich für das pöbelhafte Auftreten ihrer Regierung,
und man kann ganz sicher sein, dass die Leute in
Pesaro dem Ehepaar Schröder einen ostentativ
herzlichen Empfang bereitet hätten."

Ja, da kann man sicher sein.

"Die Reaktion von Schröder und Schily hat die
Chance verspielt, den Zwiespalt zwischen Italien
und seiner Regierung wenigstens in der Frage der
Umgangsformen zu vertiefen. Die Italiener, die
Berlusconi mit deutlicher Mehrheit gewählt haben,
dürften nun eher mit Trotz reagieren."

Siehe auch den Forumsbeitrag vom 9. Juli 22:07 Uhr

Wenn jemand untragbar ist, dann eher dieser Otto
und der Gerhard. Sie richten außenpolitisch großen
Schaden an. Es sind Emporkömmlinge, die ihrer
Aufgabe nicht gewachsen sind.

Besonders fuzzig finde ich allerdings, wie jetzt
die Emporkömmlinge der anderen Parteien das
ausschlachten. Ebenso primitiv und inkompetent.

Warum Gustav Seibt allerdings "Mitleid" mit den
"Freunden im Süden" bekommen könnte, erkläre ich
mir mit der offensichtlich auch bei ihm
vorhandenen nordisch-deutschen Hybris. Wer ist
dieser Gustav Seibt, daß er meint, Mitleid mit
"den Freunden im Süden" (!) haben zu müssen?

Jemand hat mal gesagt, Mitleid sei der erste
Schritt zur Verachtung. Den hat Gustav Seibt
getan. Otto und Gerhard sind schon einige Schritte
weiter.


Stefano Stefanis Anmassungen

Check, Donnerstag, 10. Juli 2003, 23:12 (vor 7810 Tagen) @ Nadine

Nadine schrieb:

http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/370/143
56/

Nadine, ein wirklich genialer Artikel. MUSS man
lesen!
Vor allem die Passagen über den ollen Baedeker und
das 19. Jahrhundert:

"Die Unbeliebtheit der Deutschen in Italien rührt
ja keineswegs nur von ihrem berserkerhaften
Verhalten in dem sinnlosen Krieg von 1943/44 her.
Auf ihre grobe Weise haben Berlusconi und Stefani
auf viel ältere Empfindlichkeiten zurückgegriffen.
Jacob Burckhardt ließ sich im Museum von
Capodimonte bei Neapel einen Besen bringen, um den
Dreck wegzukehren. Hunderte deutsche Gelehrte
rollten im 19. Jahrhundert italienische
Provinzarchive und Bibliotheken auf und zeigten
den ortsansässigen Kollegen, was Forschung ist.
Bürgerliche Reisende standen mit leidendem Blick
auf die Taschenuhr an italienischen Bahnsteigen
und inspizierten in den Familienpensionen mit
angewiderten Mienen die Bettwäsche".

"Der Baedeker warnte vor dem Fahrpreisbetrug der
Gondolieri in Venedig und vor Taschendieben in
Neapel. Als Theodor Mommsen 1876 in Rom beim
Finanzminister, einem sehr wissenschaftsgläubigen
Herren, zum Abendessen eingeladen war, erklärte er
laut, nur in Berlin gebe es eine nennenswerte
Wissenschaft, römische Bemühungen in dieser
Richtung könne man vernachlässigen".

Man sieht: Der spröde Charme des deutschen Weges
wird auch heute noch gehegt und gepflegt. Ob wohl
Schily in der Toscana immer zum deutschen Bäcker
geht?

*looooooooooool*


Stefano Stefanis Anmassungen

@Check, Donnerstag, 10. Juli 2003, 23:25 (vor 7810 Tagen) @ Check

"Ob wohl Schily in der Toscana immer zum deutschen
Bäcker
geht?"

Besser wäre es, er ginge zum Teufel!

Stefano Stefanis Anmassungen

ap, Freitag, 11. Juli 2003, 12:39 (vor 7810 Tagen) @ @Check

ja, hier bei uns in baden-württemberg ist es auch
sehr schön. viel sonne, weinberge, wälder, hübsche
städtchen wie freiburg, heidelberg oder esslingen,
neckar, donau und rhein... und das geld bleibt in
deutschland...vielleicht ist das der weg aus der
rezession...fahren wir alle in unserem herrlichen
heimatland in den urlaub! denn es gibt kein
schönres land als unser deutsches land.

Stefano Stefanis Anmassungen

Nora @ AP, Freitag, 11. Juli 2003, 12:47 (vor 7810 Tagen) @ ap

ap schrieb:

denn es gibt kein
schönres land als unser deutsches land.



Ich dachte du wärest perser, du oller
bettvorleger!

Stefano Stefanis Anmassungen

alex, Freitag, 11. Juli 2003, 00:13 (vor 7810 Tagen) @ Smadar

Smadar schrieb:

Reicht mir ein Taschentuch für die geschundenen
Italiener! Ich weine wirklich meine Tastatur naß.


Nee,nee, lassen Sie Ihr Equipment ganz,Sie müssen
nicht weinen,inhalier´n Sie lieber einen Ramazotti
( auf Eis!)und...vielleicht noch einen ?

Ich kenne kein Volk, das so intensiv an der
Verbreitung eigener Klischees gearbeitet hat wie
die Italiener - sei es mit Schriftstellern wie
Andrea Camilleri, Forscher wie Salvatore Tufano
oder Pino Arlacchi, italienischen Mafiaserien, die
auf der ganzen Welt gesendet wurden oder Giulio
Andreotti persönlich.

Schön,dass Sie kein anderes Volk so gut wie die
Italiener kennen,Sie hatten sicher schöne Zeiten.

Selbst wenn sie sich gegen diese Klischees wehren
wollen, fällt ihnen nichts anderes ein, als diese
zu wiederholen und mit Klischees anderer Nationen
anzureichern. Da hast du ganz recht Alex.

Ja natürlich, gleiches Recht für alle.
Hat es Komik ? Hat es zweifellos.
Wie reagieren die Deutschen ? Unkomisch, oder ?
Die Nummer vom Otto war doch irgendwie
angestrengt.
Und was meinen Sie zum Artikel in der Süddeutschen
?




Stefano Stefanis Anmassungen

Ishah, Freitag, 11. Juli 2003, 01:51 (vor 7810 Tagen) @ bla

"Wo machen Sie dieses Jahr Urlaub?
Italien - trotz Berlusconi


Naja, WEGEN Berlusconi wird wohl kaum jemand
hinfahren.

USA - trotz Bush


WEGEN Berlusconi wird wohl kaum jemand hinfliegen.

Andernorts in Europa


Rimini :)

Übersee, aber nicht in USA


"DDR" (Deutsche Dominikanische Republik)

"Balkonien"


Ich habe keinen Balkon

ABER: Nach Israel denn trotz dem = wegen dem :)

Stefano Stefanis Anmassungen

Wegen Bush wird wohl kaum jemand, Freitag, 11. Juli 2003, 01:54 (vor 7810 Tagen) @ Ishah

... hinfliegen sollte es heißen.

Wegen Berlussconi wird wohl kaum jemand
auffliegen.

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