alex schrieb:
Trotz der nicht abbrechenden Serie von Anschlägen
und Ankündigungen neuer Gewaltakte warnt der
renommierte französische Islamexperte Gilles Kepel
vor einer hysterischen Überdehnung der
Terrorismusgefahr.
Hysterisch? Über die Terrorismusgefahr wird doch
erst so stark berichtet SEITDEM überall auf der
Welt Bomben Zivilisten treffen.
Der Islamismus habe seinen
Zenit überschritten; seit 1995 befinde sich die
Bewegung im Niedergang, legt Kepel in seinem
Exkurs über den Islamismus der letzten drei
Jahrzehnte («Das Schwarzbuch des Dschihad», Piper,
2002) auf bestechende Weise dar.
Das ganze ist keine Bewegung der Muslimbrüder
mehr, wie es sie früher in Ägypten gab, wo
irgendwelche Idelisten bereit waren, für ihre
Überzeugungen in den Kanst zu gehen. Sie ist
längst in Staaten wie Pakistan oder Saudi Arabien
institutionalisiert. Die Hamas z.B. ist keine
"Bewegung" mehr sondern ähnelt mehr der Diakonie
(plus militantem Arm).
Junge Menschen werden mittlerweile auf sehr offene
und systematische Weise indoktriniert. Sie
gelangen nicht mehr aus Überzeugung zum Islamismus
sondern saugen ihn mit der Muttermilch auf.
Die islamistische
Ideologie, die im Steinzeit-Regime der Taliban
eine besonders düstere Gestalt annahm, sei nach
dem Experiment in Afghanistan bankrott.
Sei hat einen wichtigen Stützpunkt verloren, aber
wirklich Geld ist doch nie aus Afghanistan
geflossen.
Auch der
Gottesstaat in Iran werde von der nach Freiheit
dürstenden Jugend demontiert. Je mehr die
Mobilisierungskraft der islamistischen Bewegung
schwinde, umso mehr stürze sie sich in Terrorakte.
Den Terrorismus der Islamisten interpretiert Kepel
deshalb als Schwäche.
Das ist ein Denkfehler. Terroristische Gruppen
müssen keine Massen mobilisieren, sie müssen sich
noch nicht mal wie Guerillas mit ihnen verbünden.
Und sie sind gewiss nicht darauf angewiesen, die
nächsten Wahlen zu gewinnen. Sie brauchen
Indoktrination von wenigen, Geld und einen
Stützpunkt. All dies haben die Islamisten.
Sie können seit dem Sturz der Taliban keine ganzen
Jihad Armeen mehr ausbilden. Doch das könnte sie
leider nur umso schneller dazu bewegen,
Massenvernichtungsmittel in Angriff zu nehmen.
Bin Ladens gigantische
Strahlungskraft sei vor allem ein Phänomen der
Medien. Sobald die aufgeregte Berichterstattung
über ihn nachlasse, verglimme sein Stern.
Welche Medien? Die Islamisten verfügen über eigene
Medien und ich kann mir kaum vorstellen, dass sie
ihre Volkshelden nach dem heute jounal aussuchen.
«Es wird
immer weniger wichtig, ihn zu töten», so Kepel.
«Sein Kopf dient bestenfalls noch als Trophäe für
westliche Terrorismusjäger.»
Quatsch mit Sosse. Der Mann hat auf einzigartige
Weise ein Netzwerk aufgebaut. Zwar gibt es auch
"Generäle", "Stellvertreter", "Funktionäre" etc.,
doch falls dieses Netzwerk so funktioniert wie
andere Netzwerke von Charismatikern, dann hängt
sehr viel an seiner Person, seinen Kontakten,
seinem Geld. Und die Erfahrung zeigt, dass solche
Leute keineswegs für den eigenen Trauerfall im
Sinne der Organisation Vorsorge treffen.
- aus der aktuellen "Weltwoche" -