"Allmacht Amerika"
R.A., Donnerstag, 28. August 2003, 11:16 (vor 7762 Tagen)
Bevor man wieder in die Details geht und hier
und da einseitige Kommentare findet und beklagt,
fand ich das doch ganz gut und sachlich
aufbereitet, und wenn ich mir vorstelle daß ein
paar Leute, die Ihre "Informationen" über Amerika
nur noch aus den einschlägigen
verschwörungstheoretischen Machwerken besorgen
oder diese sich gleich aus ihrem
ressentimentgeladenem europäischen Unterbewußtsein
selbst zusammenkonstruieren, wenn ein paar von
diesen sich also das angeschaut haben, dann
besteht zumindest die kleine Hoffnung, daß ein
paar wenige zumindest wieder die größeren
Zusammenhänge verstehen.
Während ich den feingedrechselten Ausführungen von
Condoleeza Rice lauschte, musste ich immer wieder
an den Kanzler in Goslar denken, und wurde
verständlicherweise sehr sehr traurig.
"Allmacht Amerika"
GegenGerd, Donnerstag, 28. August 2003, 12:03 (vor 7762 Tagen) @ R.A.
Es war aber natürlich z. B. schon bezeichnend, daß
als ´objektiver´ Wissenschaftler, dessen Analysen
als nackte Fakten kommentiert wurden, nun gerade
Joseph Nye zu Wort kam, während Bill Kristol
andererseits als ´Vordenker der Rechten´
bezeichnet wurde, was natürlich in Deutschland
schon zu Bedenken führt, weil wir unter ´rechts´
nun einmal etwas anderes, problematisches
verstehen (müssen). Ich habe auch den Hinweis
darauf vermißt, daß die viel gescholtenen
Neokonservativen für uns alte Bekannte sein
müßten, und ein Großteil des heutigen
Regierungspersonals entscheidend mitgewirkt hat
bei der friedlichen Bewältigung des
Ost-West-Konfliktes und schließlich bei der
deutschen Einheit. All das wird gern ausgelassen.
Ferner waren die interviewten Bush-Befürworter
natürlich fast nur Texaner, die obendrein laut
eigener Aussage nur wenig von Außenpolitik
verstünden. Und Bush würde ihre Unterstützung nur
verlieren, wenn sie sich nicht AUCH noch von ihm
belogen fühlen würden (Zitat). Da schwingt dann
wieder ein wenig des Klischee vom dummen Ami aus
der Provinz mit, der keine Ahnung hat und ohne den
Bush gegenüber dem ´anderen´, besseren Amerika
(Hillary läßt grüßen!) keine Chance haben würde.
Auch die Kontinuitäten amerikanischer Außenpolitik
wurden nicht erwähnt, so z. B. die Wilsonsche
Tradition der Verbreitung der Demokratie, die
nicht nur das Thema Bushs, sondern ziemlich aller
Präsidenten seit 1945 ist, Nixon einmal
ausgenommen. Das alles wird zwar vielleicht von
Bush aggressiver vertreten als früher, ist aber
doch keineswegs neu, ebensowenig wie der Vorbehalt
eines Präventiv- oder Präemptivkrieges, der
hierzulande so empört aufgenommen wurde, während
Maddie Albright gerade erst in einem Interview mit
Foreign Affairs darauf hinweist, daß sich auch
frühere Regierungen, inklusive der Clintonschen,
diese Option selbstverständlich stets
offengehalten haben und das überhaupt nichts Neues
ist.
Dann fehlte fast jeder Hinweis darauf, daß
US-Außenpolitik auch noch ein wenig mehr ist als
nur Militärpolitik.
Die Angabe, daß die USA fast so viel für das
Militär ausgeben wie die restliche Welt, stimmt im
übrigen auch nur dann, wenn man die Nettobeträge
sieht. Da es aber realistischer ist, diese Beträge
gemäß der jeweiligen Kaufkraftparität umzurechnen,
kommt z. B. das SIPRI ´nur´ noch auf ca. 1/3.
Und es ist ebenso nicht zutreffend, daß Amerika
künftig NUR auf flexible Allianzen setzen würde.
Im Gegenteil wird man, gerade wenn man Artikel der
gefürchteten Neokonservativen liest, feststellen,
daß durch die Bank die NATO, sowie die Bündnisse
mit Japan und Südkorea (sah man ja auch im Film)
als essentiell gelten und z. B. mit Indien eine
ähnliche Bezeihung gewünscht ist.
Fazit: Ich bin auch der Meinung, daß es für eine
Reportage in den deutschen Medien ein relativ
ausgewogener / fairer Bericht war (das halte ich
Claus Kleber sowieso zugute), aber es gab schon
einiges daran auszusetzen.
"Allmacht Amerika"
R.A., Donnerstag, 28. August 2003, 12:32 (vor 7762 Tagen) @ GegenGerd
Den Teil mit den Texanern habe ich sogar als
positiv empfunden. Zunächst mal ist festzustellen,
würde man den Bauern im Fränkischen nach
Weltpolitik fragen, dann käme sicherlich nichts
ausgewogeneres raus als bei einem texanischen
Cowboy. Ist aber auch gar nicht schlimm. Menschen
sind nun mal in der Mehrheit eher einfach
gestrickt weltweit, und damit liegt dort auch der
Standard. Diesen Menschen deshalb Dummheit zu
unterstellen kann nur vom arroganten
Salonintellektuellen kommen, die den einfachen
Menschen sowieso verachten, aber trotzdem ab und
zu ganz gerne mal Agrarprodukte zu sich nehmen um
nicht zu verhungern.
Also die Äußerung über das "Vertrauen" daß diese
Leute gegenüber ihrem Präsidenten haben müssen,
entspricht wohl gänzlich unironisch den realen
Tatsachen, so basic und einfach ist das, daß es in
den diffizileren Großstadthirnen natürlich keinen
Platz mehr findet, und daher gerne belächelt wird.
Der Nordkoreateil war sehr interessant
aufbereitet.
Wer steht dort am letzten Grenzzaun des kalten
Krieges, während Europa denkt "Na ja, ist schon
nicht so schlimm da."??? Natürlich die USA.
Dank hierfür? Natürlich nicht, weil eigentlich
müssten die Amis da ja nicht stehen, weil wenn der
"liebe Führer" böse wäre, dann würde er doch nicht
der "liebe" Führer heissen.
Auch interessant die Beschreibung des
südkoreanischen Premiers, der mit
antiamerikanischem Stimmungswahlkampf an die Macht
gekommen war, nun aber doch im Angesicht einer
zukünftigen Nuklearmacht Nordkorea nur sehr ungern
auf amerikanische Präsenz verzichten würde. Auch
dies ein Paradebeispiel dafür, wie mit den USA nur
zu gerne Politik gemacht wird, und zwar nicht nur
in Goslar, sondern weltweit.
"Allmacht Amerika"
Ishah, Freitag, 29. August 2003, 03:44 (vor 7761 Tagen) @ R.A.
Es war ein Bereicht von einem Deutschen für
Deutsche - Leicht konstipativ-pressend zeichnet
man das Bild des doch so fernen und fremden
Amerika - die sind eben die anderen. Es war
sicherlich interessant und ist gut angekommen beim
mehrheitlich objektiv antiamerikanischem Publikum
in Deutschland. Herr Kleber hat sich sichtlich
bemüht uns zu vermitteln: »DIESER BERICHT IST
OBJEKTIV«. Wie ich hier teilweise lesen: mit
Erfolg. Herr Kleber stellt etwas dar, gefertigt
für ein bestimmtes Zielpublikum, aber vieles
beleibt unbewiesene Behauptung und freie
Interpretation, darum glaube ich ihm nicht.
Selbstverständlich auch, weil er Deutscher ist.
davon könnt Ihr halten was Ihr wollt: Deutschland
ist aussenpolitisch unglaubwürdig. Aber das muss
Euch nicht interessieren, für mich sind die
Deutschen die Anderen, die Fremden geblieben,
denen ich grundsätzlich nur das abnehme was sie
auch beweisen können - heute mehr denn je und das
aus einer ganzen Reihe trifftiger Gründe.