Zadek-Interview

hybride, Mittwoch, 23. Juli 2003, 23:27 (vor 7797 Tagen) @ R.A.

Ich finde es aber nach wie vor sehr interessant
daß offener Antiamerikanismus immer mit einem
gewissen kulturellen Überlegenheitsgefühl im
Unterton, geäußert wird. Woher kommt das?

.
Nun, schon am Anfang (also seit dem Ende des
18.Jh.´s - seit der am. Revolution) stanken dem
dt. Adel die USA & ihre Kultur; das war noch der
altbekannte Adelsdünkel. Später wurde diese
Verachtung aber auch vom Bürgertum (sogar vom
aufgeklärten) übernommen, das sich immer noch ein
bißchen nach den herr-lichen alten Zeiten
zurücksehnte und Angst vor der heraufziehenden
Moderne hatte. Die "Gleichheitsflegel" (Heine/!)
hatten eben keinen Stil. Aber nicht alle
Bildungsbürger sahen´s so:
----------------
"Amerika, du hast es besser
als unser Kontinent, der alte,
hast keine verfallenen Schlösser
und keine Basalte.
Dich stört nicht im Innern
zu lebendiger Zeit
unnützes Erinnern
und vergeblicher Streit."
Johann Wolfgang von Goethe
----------------
Der alte Streit hat sich bis heute erhalten. Auf
kulturellem Gebiet stört die "Old Europeans" am
meisten der am. Pragmatismus; auch Kunst hat für
den Ami nur Sinn, wenn sie zumindest so viele
Leute interessiert, daß denügend Geld
zusammenkommt, bis sie sich rechnet. Hier, in
Europa, ist Kunst dagegen etwas, das sich nicht
rechnen darf, denn dann wär sie populär, pfui. Je
weniger Leute bereit sind, Geld für ne Sache
auszugeben, desto größer die Wahrscheinlichkeit,
daß es sich um Kunst handeln, und daß sie also
subventioniert werden muß. Davon verstehen die
Amis nix, dafür sind sie zu materialistisch
eingestellt. Daher das von Dir beobachtete
kulturelle Überlegenheitsgefühl der
Antiamerikaner. (Wozu aber der europ. Idealismus
geführt hat, ist ja hinreichend bekannt ...)


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