Bravo Mr. Ralph Peters 1

GegenGerd@Stephan, Samstag, 17. Mai 2003, 11:05 (vor 7861 Tagen) @ Stephan@Evi Dentz - Sprache

Ok. Mir ist regelmaessig aufgefallen, das deutsche
Zeitungen, Publizisten, Feuilletonisten etc. Muehe
bekunden, englische Texte oder Aeusserungen in
englischer Sprache angemessen zu uebersetzten.
Fast immer laeuft dies darauf hinaus, dass dem
englisch-sprachigen Autor etwas unterstellt wird,
das er nicht geasagt hat.


Es beschränkt sich ja nicht nur darauf. Sehr gerne
wird auch der Inhalt ganzer Bücher so
zurechtgeschustert, daß er besser in das Bild der
absolut ehr- und ruchlosen imperialistischen
Cowboys paßt.

Da wird dann schon mal gerne Fukuyamas ´Ende der
Geschichte´ als Plädoyer für einen notfalls auch
mit Waffengewalt zu verbreitenden
Kulturimperialismus dargestellt, obwohl er einzig
und allein eine ideengeschichtliche
Bestandsaufnahme zum Ende des Ost-West-Konflikts
und eine darauf basierende Prognose vornimmt, die
sich zwar inzwischen weitenteils erledigt hat,
aber nicht annähernd dem entspricht, als das es
hier teilweise ´verkauft´ wird.

Brzezinski - interessanterweise ehemaliger Berater
des Friedensnobelpreisträgers Carter, der dann für
die aktuellen Zwecke mal gerne zu dem Reagans
gemacht wird, weil es besser ins Schema paßt -
wird in die vorderste Front der ´Bush-Krieger´
eingereiht und gilt als DER Apologet des
amerikanischen Alleingängertums, obwohl er
ausdrücklich schreibt, daß er sich eine Ordnung
wünsche, in der Amerika mit anderen, gleich
starken Partnern, gemeinsam handeln würde, und es
nur deshalb in näherer Zukunft weitenteils allein
werde agieren müssen, weil - und wer mag ihm da
nach den jüngsten Sternstunden der ‚gemeinsamen´
europäischen Außenpolitik widersprechen - diese
ebenbürtigen und handlungsfähigen Partner derzeit
einfach noch fehlen, was er ausdrücklich bedauert.

Woolsey, immerhin unter Clinton CIA-Chef geworden
und nicht unter Bush, wird als neokonservativer
´Irrer´ tituliert, der den ´Vierten Weltkrieg´
ausgerufen hat, weshalb nun Kriege gegen Syrien,
Iran, Saudi-Arabien. Ägypten etc. unausweichlich
sind. Es ist nun sicher richtig, daß Woolsey eine
recht harte Linie vertritt, was die Frage der
Neuordnung der Region anbelangt. Das schließt auch
die Möglichkeit weiterer Kriege nicht ausdrücklich
aus (das kann es aber auch nicht, sonst bräuchte
man erst gar keinen Druck auszuüben, weil die
Glaubwürdigkeit gleich null wäre; das selbe
Dilemma, wie in der Schröderschen Haltung
´Drohungen ja, aber unter absolut keinen Umständen
Umsetzung dieser Drohungen´), zieht sie aber auch
noch lange nicht annähernd so zwangsläufig nach
sich, wie es gern dargestellt wird. Daß man z. B.
die Phrase vom ´Vierten Weltkrieg´ völlig falsch
interpretiert, sieht man allein daran, daß Woolsey
den Kalten Krieg als ´Dritten Weltkrieg´ zählt. Da
es in diesem Konflikt nie eine direkte
militärische Konfrontation der beiden Supermächte
gegeben hat, wäre es etwas seltsam, aus der
Reihung zu schließen, daß jetzt seiner Ansicht
nach die ganze Region dem Erdboden gleich gemacht
werden soll. Was es aber heißt, und ich denke, da
muß man ihm zustimmen, ist, daß die Umgestaltung
der Region, die nun begonnen hat, wie die
vorherigen Wegscheiden der internationalen
Politik, eine für die Zukunft eminent wichtige und
große Anstrengungen erfordernde Aufgabe ist, sowie
ferner, daß von (evtl. gar staatlich gesponserten)
Terroristen zumindest für die westliche Welt heute
wohl die größte Bedrohung ausgeht, und daß diese
Gefahr nicht von heute auf morgen verschwinden
wird, sondern einer langen, auf verschiedensten
Ebenen parallel verlaufenden Bekämpfung bedarf. So
betrachtet, könnten zentrale Aspekte der Aussagen
Woolseys aber plötzlich genau so aus dem Mund
Gerhard Schröders oder Jacques Chiracs stammen,
nur dass man sie hier nicht so interpretiert,
sondern auf eine Art, die die vorhandenen eigenen
Vorverurteilungen scheinbar untermauert. Übrigens
gibt es in der deutschen Literatur für ziemlich
genau dieselben Gedankengänge sogar die
Bezeichnung ´Grauer Krieg´. Sie sagt im Prinzip
fast das selbe aus, nur mit dem Unterschied, daß
sie aus Deutschland kommt, und deshalb völlig
anders, spricht viel sachlicher, interpretiert
wird.

Dies nur als einige von vielen aktuellen
Beispielen, denn eine solche unsaubere Auslegung
und das Zurechtschneidern von Äußerungen mehr oder
weniger prominenter US-Wissenschaftler oder
-Politiker ist leider derzeit sehr populär.
(Handwerklich ähnlich ´funktioniert´ übrigens auch
die Patchwork-Technik der Wahrheitskonstruktion
eines Michael Moore, die leider in diesem so
kritischen und vernunftgesteuerten Land kaum je
einer ernsthaften Analyse unterzogen worden ist,
weil es ja so schön mainstreamkonform und einfach
ist, Moore zuzujubeln. (Aber die Academy war ja
auch nicht viel sorgfältiger oder sah es zumindest
als bedeutender an, eine politische Botschaft
loszuwerden, als sicherzustellen, daß der
Dokumentations-Oscar auch an ein Werk geht, daß
auf sauberen Recherchen beruht und frei von
bewußten Täuschungsmanövern ist.))


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