gute Nachricht

Ishah - 2. Versuch, Montag, 22. September 2003, 00:04 (vor 7738 Tagen) @ Ishah

Von Rafael Seligmann, Berliner Zeitung, 29. April
2000

Mahnmal-Kassandra

Vergessen wir nicht die Frauen! In der deutschen
Öffentlichkeit gilt Lea Rosh als Musterjüdin
schlechthin. Denn sie ist die Kassandra des
Holocaust-Mahnens. Die Vermessenheit, mit der die
Publizistin in einem Interview, zur Gaskammer
befragt, erklärt: »Es fällt mir nicht schwer, mir
vorzustellen, da hineingetrieben zu werden«, wird
hingenommen. Schliesslich hält man Rosh für eine
Jüdin - und die geniessen im
Nach-Auschwitz-Deutschland vielfach
Narrenfreiheit. Dass Rosh keine Jüdin ist, wird
ignoriert.

Während Lea Rosh gern mit dem Hammer polemisiert,
fechten andere Musterjuden mit dem Florett. Ihr
Anliegen ist ihnen bitter- oder besser gesagt,
bierernst. Stephan Sattler ist Feuilletonchef des
»Focus«. Eifrig wacht der Kulturschreiber über
jüdische Belange. Als ich in einer Kritik Maxim
Billers neuem Buch nur spärliches Lob zukommen
liess, empörte sich Sattler. Im »Focus« warf er
mir vor, ich hätte die Devise »Eine Krähe hackt
der anderen kein Auge aus« gröblich missachtet.
Sattler meinte, wie er mir später bestätigte, ich
wäre da einem üblen Spiel aufgesessen, dessen Reiz
darin bestehe, zwei Juden gegeneinander
aufzuhetzen - damit die Deutschen ihren Spass beim
Hebräer-Schaukampf hätten.

Täglich schreiben Deutsche über Deutsche. Niemand
findet etwas dabei. Warum soll ein Jude es nicht
dürfen? Weil die Antisemiten sich freuen könnten?
Ob die Antisemiten sich freuen oder ärgern, ist
mir wurscht. Ich möchte als freier Mensch in
diesem Land leben. Wir haben Meinungsfreiheit, und
davon mache ich wie jeder andere Gebrauch. Die
Philosemiten, die uns Juden ständig so innig
umarmen, dass sie uns die Luft zum Atmen rauben,
gehen mir mächtig auf die Nerven. Sie meinen uns
ständig sagen zu müssen, was wir zu tun haben. Sie
sollen ihre klugen Ratschläge für sich behalten.

Dabei ist mir bewusst, dass auch ich als
Musterjude agiere oder zumindest als solcher
missbraucht werde. Da mag Sattler Recht haben.
Bereits 1997 hatte ich in meinem Roman »Der
Musterjude« geschrieben: »Die deutschen
Mörderseelen sind süchtig nach jüdischen Themen.
Ihre Zeitschriften quellen über mit Artikeln
jüdischer Autoren. . Broder, Wolffsohn, Brumlik,
Biller, Seligmann und die anderen Idioten können
schmieren, was sie wollen, die Deutschen sind
darauf versessen, den Tinnef zu lesen.«

Das Leben des Musterjuden ist zäh. Er wird so
lange gedeihen, wie Hitler und seine mehr oder
minder willigen Helfer unsere Seelen bedrücken.
Dennoch sollten wir alles tun, um dem Musterjuden
den Garaus zu machen. In unserem eigenen Interesse
- einerlei ob wir Juden oder Christen, Deutsche
oder Ausländer sind.


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