Kriegsgrund-Recycling

Evi Dentz @ GegenGerd, Nachtrag, Freitag, 09. Mai 2003, 18:23 (vor 7661 Tagen) @ Evi Dentz @ GegenGerd

Sehr interessanter Artikel dazu:

Wie gefährlich ist das Regime von Saddam Husein?
Und wen bedroht es?
von Volker Perthes

http://www.swp-berlin.org/produkte/bparchiv/nahost
5.htm


Auszug:

So vermuteten die Inspekteure zwar, daß der Irak
noch ungefähr sieben selbstgebaute Scud-Raketen
versteckt halte - Mittelstreckenraketen, die Ziele
in Iran, den Golfmonarchien, Jordanien, Israel,
Syrien oder der Türkei erreichen könnten. Sie
hatte aber den Verbleib von 817 der insgesamt 819
vom Irak importierten Scud-Raketen klären können,
konnte also verifizieren, daß, die Raketen, die in
den beiden Golfkriegen nicht verschossen worden
waren, tatsächlich vernichtet worden war.
Amerikanische Beobachter sprechen heute von bis zu
25 Scud-Raketen und einigen Raketenwerfern, die
der Irak noch haben könne, aber auch das ist wenig
im Vergleich zu früheren Rüstungspotentialen.
Zahlreiche Produktionsanlagen für Raketen und
Raketenwerfer wurden unter Aufsicht der Kommission
zerstört; das gleiche gilt für die großen Fabriken
für biologische und chemische Kampfstoffe. In
mehreren hundert Produktions- und
Forschungsstätten, die zur Herstellung und
Erprobung von Raketen oder von atomaren,
biologischen oder chemischen Waffen genutzt werden
könnten, wurden Überwachungssysteme installiert.
Die Kommission zerstörte oder akzeptierte
irakische Dokumente über die Zerstörung von nahezu
100.000 Stück chemischer Artilleriemunition, von
über 400 Tonnen einsatzbereiten chemischen
Kampfstoffe und von einigen Tausend Tonnen von
Vorprodukten zur Herstellung solcher Kampfstoffe,
die der Irak 1991, am Ende des Kuwaitkriegs, noch
besaß. Die Kommission vermutete allerdings, daß
der Irak noch ernstzunehmende Restmengen
chemischer und biologischer Waffen versteckt
hielt. Zumindest bestanden starke Zweifel an der
ordnungsgemäßen Vernichtung von, unter anderem,
eineinhalb Tonnen VX-Gas, etwa 550 mit Senfgas
gefüllten Artilleriegeschossen, bis zu 500
Fliegerbomben und mehrerer Raketensprengköpfe mit
chemischen oder biologischen Kampfstoffen. Die
Kommission erhielt auch bis zum Abbruch ihrer
Tätigkeit keine sie überzeugenden Antworten auf
Fragen nach dem Verbleib von Nährlösungen zur
Herstellung bakteriologischer Kampfstoffe.

Es steht außer Frage, daß der Irak immer wieder
versucht hat, die Inspekteure zu täuschen,
Bestände zu verheimlichen und Dokumente über
frühere Rüstungsvorhaben zu verstecken. Kein
Regime, das unter internationalen Sanktionen
steht, würde nicht versuchen, zu betrügen und
Auflagen zu umgehen. Daß die UN-Kommission
gleichzeitig von den USA zu Spionagezwecken
mißbraucht wurde, diente dem Irak später als
zusätzliches Argument, um sich einer
Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit oder der ihrer
Nachfolgerinstitution im Irak zu widersetzen.
Gerade weil seit Ende 1998 keine Inspekteure mehr
im Land sind, besteht im einzelnen keine absolute
Klarheit darüber, welches Rüstungspotentiale der
Irak heute noch hat. Man kann vermuten, daß der
Irak versucht hat, einen Teil seiner eigenen
Forschung und wahrscheinlich auch der Produktion
in Bereichen wiederaufzunehmen, die ihm unter den
Waffenstillstandsbedingungen verboten sind,
insbesondere von C-Waffen und von Raketen
mittlerer Reichweite. Die von der UNSCOM
eingerichteten Überwachungsanlagen in
entsprechenden Fabriken oder Labors sind nach dem
Abzug der Inspekteure jedenfalls abgebaut worden.
Die irakische Regierung hat sich immer wieder
bemüht, das Rüstungsembargo zu durchbrechen und
etwa Leitsysteme für die Flugabwehr, aber auch
Teile für die Produktion von Raketen und
chemischer Munition auf dem internationalen grauen
Markt zu erwerben. Andere Waffen - gepanzerte
Fahrzeuge, Artilleriegeschütze, Flugabwehrraketen
und Boden-Boden-Raketen - werden in
Eigenproduktion hergestellt; dies ist auch in
keiner Weise verboten. Die Wirtschaft ist in hohem
Maße militarisiert. So hat die privilegierte
finanzielle Ausstattung des Ministeriums für
Militärproduktion es diesem erlaubt, Techniker und
Ingenieure in ihren Jobs zu halten, die
andernfalls wie Zehntausende irakischer Fachkräfte
das Land wohl verlassen hätten.




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