Fuck China
Was ist das für eine verquerer Moralismus? Wir können uns nicht mehr auf die Menschenrechte beziehen, weil wir nicht perfekt sind und uns wegen Verstößen selber kritisieren? Was für ein Käse.
So die Argumentation russisch- und chinaseits. Ausserdem können China und Russland genauso argumentieren. Assad zu unterstützen sei halt nur ein (notwendiger) Fehler. Und wer ist schon perfekt. Nein, es gibt keine Rechtfertigung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und der Unterschied zwischen Russland, China und uns im Westen besteht gerade darin, solche Fehlbarkeiten zu kritisieren, um die Verbrecher zu Rechenschaft zu ziehen, egal, gegen wem, und gerade auch wenn sie gegen die eigene Regierung gerichtet sind. Was man in China erst gar nicht kann. In Russland hingegen basiert diese Selbstmissachtung eher aus gefälliger Freiwilligkeit. Dass, und genau das, hat uns im Westen in den letzten 70 Jahren von den Schurken von Nah- bis Fernost im wesentlichen Geiste an Vorstellung von Gerechtigkeit und Menschlichkeit unterschieden. Seit 9/11 ist diese Vorstellung aus niederen Rachegelüsten am erodieren, in den Staaten sogar seit der Trump Administration auch noch gönnerhaft untereinander.
Erstens kehrst du hier unterschiedliche Dimensionen unter den Teppich, zweitens ist Julian Assange mitnichten ein politischer Gefangener.
Erstens kehre ich gar nichts (vor allem nicht unter den Teppich), zweitens hat Assange denn nun sonst was noch genau im britischen Gefängnis zu suchen? Die 50 Wochen für die Flucht, bzw. Entziehung der britischen Justiz sind ja mittlerweile um.
Ich müsste jetzt nähere Details recherchieren, gehe aber davon aus, dass er trotz der abgebrummten 50 Wochen immer noch in Haft sitzt, weil er sich a) schon einmal der britischen Justiz entzogen hat und b) die Verhandlung über den Auslieferungsantrag bald beginnt.
Das sollte jedenfalls nicht verwundern. Versetz dich mal in den zuständigen Richter.
Die Sache ist überhaupt nicht tragisch. Er wollte sich in Schweden partout keinem Verfahren stellen. Wieso für ihn in Schweden angeblich das Risiko, in die USA ausgeliefert zu werden, höher (gewesen) sein soll, als in GB, weiß der Himmel. Er hat sich selber in die ecuadorianische Botschaft begeben. Damit hat er gegen britisches Recht / britische Auflagen verstoßen, weshalb er jetzt noch in GB sitzt.
Wie bereits geschrieben, die Strafe ist abgesessen, die Anklage aus Schweden, auf die ich mich gar nicht bezog, fallen gelassen (ob nun aus Mangel an beweisen oder ob nichts dran war an den Missbrauchsvowürfen dahingestellt).
Du hattest dich nicht (auf die inzwischen fallen gelassene) Anklage in Schweden bezogen, sie war jedoch das angegebene Motiv dafür, warum sich Assange in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet hat.
Ich vermute, dass er in seiner Eigenschaft als großer Egomane (so wird er übrigens auch von ehemaligen deutschen Mitstreitern beschrieben) schlicht als unter seiner Würde ansah, sich in Schweden einem Verfahren zu stellen.
Diese Angabe, die er und Fans sinngemäß gemacht haben...
Wieso für ihn in Schweden angeblich das Risiko, in die USA ausgeliefert zu werden, höher (gewesen) sein soll, als in GB, weiß der Himmel.
...ergibt nämlich keinen Sinn.
Mehr noch: Wahrscheinlich wären die Chancen, von Schweden aus nicht in die USA ausgeliefert zu werden, höher (gewesen).
Die Zeit in der Botschaft hat er u.a. damit verbracht, sich zum willfährigen Werkzeug des russischen Militärgeheidienstes zu machen und Donald Trump durch die Veröffentlichung der DNC-Hacks im 2016er-Wahlkampf tatkräftig geholfen. Aus der propagandistischen Aufbereitung von John Podestas Mail durch Wikileaks entstand die superschwachsinnige Pizzagate-Verschwörungstheorie, die Wurzel der Q-Anon-Bewegung.
Das wohl vortrefflichste Beispiel dafür, dass es gelingen kann, haufenweise Dreck gegen die Wand zu werfen, ein Stück kleben bleibt und dann hunderttausende Verstrahlte kommen und aus dem Stück Dreck einen riesigen Fetisch machen.
Dann soll man ihn dafür verklagen, und rechtskräftig verurteilen, wenn er Gesetze gebrochen hat. Aber einfach so aus nichtbestimmten Gründen in Haft lassen, ist nicht rechtstaatlich vertretbar, auch wenn in UK die Rechtsstaatlichkeit derzeit an sich auf der Kippe steht bzw. einer eher uneuropäische "Reform" über sich ergehen lässt.
Aus genannten Gründen gehe ich nicht davon aus, dass er aus nicht bestimmten Gründen in Haft sitzt.
Ich gehe auf der rechtlichen Ebene insoweit mit, als die Anklagepunkte / die Art der Anklage in den USA wohl kritikwürdig / fragwürdig sind. So jedenfalls die Ausführungen / Wertungen der US-Anwälte Mark Zaid und Bradley Moss, die mit Assange politisch wenig sympathisieren, aber eben gute Juristen sind (die mehrere Whistleblower vertreten haben).
Abgesehen davon, ist Julian Assange ein dreckiger Antisemit.
Dann soll man ihn auch dafür verklagen. Nur, ohne Urteil ist keine weitere Haftbegründung gegeben. Dies steht auch einem Arschloch zu. Der einzige Grund warum er derzeit noch in Haft sitzt, ist der Auslieferungsantrag der Staaten und die in dem Zusammenhang wieder bestehende Fluchtgefahr. Und der Antrag hat sehr wohl einen politischen Hintergrund.Mir gefällt ganz und gar nicht diese selbstgerechte Art Urteile faktisch vorherbeizuführen, die noch gar nicht gefallen sind. Das ist am Ende ein Aufführen wie ein Gutsherr, die sich von den Putins und Xis dieser Welt in der Tat nicht im wesentlichen Kern mehr zu unterscheiden vermag. Und sie bringt dem Westen keinen Schritt näher damit, Menschenrechte in anderen Staaten durchzusetzen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Julian Assange hat Anspruch auf ein faires Verfahren, auch wenn er in verschiedenerlei Hinsicht ein exorbitanter Hundsfott ist und viel Schaden angerichtet hat.
Allerdings rebelliert es in mir, wenn du in Sachen Assange von Tragik sprichst. Er wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darüber belehrt worden sein, dass er eine Haftstrafe riskiert, wenn er sich britischen Auflagen / der britischen Justiz entzieht. Und er wurde nicht in die ecuadorianische Botschaft gezwungen, das hat er sich selber ausgesucht.
Last but not least möchte ich erwähnen, dass Assange (und auch Edward Snowden) eben nicht alleine amerikanische Schweinereien in die Welt geblasen haben, sondern eine Unzahl an Informationen, die Schweineregimen, Terroristen und Kriminellen genützt haben. Die Robin-Hood-Attitüde steht beiden nicht zu.
Tief blicken lässt zudem die Veröffentlichungspolitik von Wikileaks (einmal abgesehen von der Wahlkampfhilfe für Trump bzw. der Zusammenarbeit mit der GRU): Veröffentlicht wurden und werden mit wenigen (unwesentlichen) Ausnahmen tatsächlich (oder eben auch: nur vermeintlich) belastendes Material über westliche Staaten oder deren Verbündete.* Oder - konkreter - Assanges menschenverachtende Reaktion auf Einwände, Daten / Identitäten von afghanischen Übersetzern von US-Truppen zu veröffentlichen.**
Snowden wiederum hätte die Möglichkeit gehabt auf dem Rechtsweg zum Whistleblower zu werden. Er hat sich dagegen entschieden und betont stattdessen bzw. in gewisser, selbst entlastender Weise folgerichtig sinngemäß immer wieder, dass er keine andere Wahl gehabt hätte.
Und nein, auch bei Snowden, der menschlich offenbar nicht so ein übler Kerl wie Julian Assange ist, bekomme ich es nicht wirklich hin, ein tragisches Element zu sehen. Er wollte sich nicht anwaltlich beraten lassen, sondern lieber von Psychopathen wie Julian Assange und Glenn Greenwald. Er hat sich von sich aus in eine FSB-Wohnung begeben. Und du weißt genauso gut wie ich, dass ein US-Geheimdienstmitarbeiter nicht für lau in Russland Exil bekommt.
Gleichwohl wäre es, wie gesagt, ärgerlich, wenn die Anklage gegen Assange in den USA krumm und schief ist. Dann hätte er wirklich noch einen veritablen Grund, sich als der Märtyrer aufzuspielen, als den ihn einige Linksradikale, einige Rechtsradikale und leider auch manche naive und/oder einseitig informierte Personen gerne sehen.
* Siehe dazu etwa ein Artikel des Haaretz-Journalisten Anshel Pfeffer.
** Wenn ich mich richtig erinnere, hatte u.a. Michael Weiss dazu etwas veröffentlicht.
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