Wenn ich der Rumsfeld wäre..

zeus @ GG (II), Dienstag, 13. Mai 2003, 17:23 (vor 7864 Tagen) @ GegenGerd@zeus

Zum Rechtfertigungsproblem (ich schrieb das
schonmal vor ein paar Wochen auf diesem Forum):

Wie Sie selbst schrieben (und ich schließe mich
dieser Einschätzung an) war Hitler und die
reaktionäre Machtclique um Ihn herum zum Kriege
entschlossen. Das Problem ist, daß man das *heute*
zwar weiß, damals jedoch über eine recht ungewisse
Zukunft spekuliert hätte. Sie mögen einwenden, daß
ein Blinder mit Krückstock die Nachtigall hat
trapsen hören müßen, und wahrscheinlich haben Sie
soar recht, aber trotzdem ist unser retrospektiver
Blick enorm vom Wissen um WWII verhangen und so
klar wie im Nachhinein stellt sich die Sache
während sie geschieht selten dar. Wie dem auch
sei: Hätten ihn die anderen Mächte "präventiv"
angegriffen, so hätten sie wahrscheilich ein
massives Rechtfertigungsproblem für die
wahrscheinlich anfolgenden Millionen Toten gehabt.
Genauso ergeht es den
USA immer noch mit den Atombombenabwürfen auf
Hiroshima und Nagasaki: Sie rechtfertigen sich mit
der Behauptung, durch den Bombenabwurf das Ende
des Krieges herbeigeführt zu haben und damit das
Leben von weitaus mehr Menschen gerettet zu haben,
als die Bomben Opfer forderten. Diese
Argumentation mag sogar zu einem gewissen Grade
fundiert sein und ihre Anhänger finden - Trotzdem
hat sich dieses Ereignis als furchtbares Datum in
das kollektive Gedächtnis der Menschen
eingegraben. Die Majorität der Menschen und der
Geschichtsschreibung sieht darin keine Abwendung
von Übel sondern eines der größten menschgemachten
Grauen. Und lastet es den Amerikanern an, obwohl
Japan den Krieg begonnen hatte. Es geht, wie Sie
sehen, immer wieder um das eine:
Verhältnismäßigkeit.

(für Bernd: quoted myself)

Diese zu wahren, wäre bei einem (für damalige
Verhältnisse) gigantischen militärischen Vorhaben,
wie dem präventiven Angriff auf D im Jahre 38
praktisch unmöglich gewesen. Deshalb läge das
Rechtfertigungsproblem heute sicher - trotz
Hitler! - bei den Alliierten, die der Nachwelt
Millionen von Toten, auch in den eigenen Reihen,
hätten erläutern müßen.

Schließlich zur Abschreckungsstrategie: Sie haben
wiederum recht, daß es ein Vabanque-Spiel war, das
gerade während der Cuba-Krise fast ins Auge ging.
Aber es hat im Ende funktioniert. Wahrscheinlich
hat es funktioniert, weil keine der Parteien wild
entschlossen war, einen Krieg loszubrechen und
jeder nur den anderen verdächtigte, es zu sein.
Andernfalls... ich weiß es nicht. Im Falle
Deutschlands war das anders; da war man wild
entschlossen. Trotzdem geht es um das Folgende: Es
hätte ein internationales Bündnis geschlossen
werden müßen - *vor* dem Krieg, mit genauen
Absprachen, was im Falle des Kriegausbruches
geschehen hätte sollen, und präventiver
Truppenverstärkung an den Grenzen. Dadurch hätte
Deutschland wesentlich weniger Spielraum gehabt
und wahrscheinlich hätte ein Wettrüsten
stattgefunden, das Deutschland wegen begrenzterer
Resourcen veroren hätte. Es hätten Absprachen mit
der SU stattfinden müßen und die Aufteilung Polens
unterbunden etc. Aber dazu waren die einzelnen
Mächte nicht bereit; jeder verfolgte eigene
imperiale Interessen. Wäre es zu einem Bündnis und
einer konsequenten und aufmerksamen
Abschreckungspolitik gekommen, so hätte Hitler
weder den Westen, noch den Osten "überraschen"
können; ein eventueller Krieg hätte heftig, aber
wahrscheinlich kürzer und in engeren Grenzen
stattgefunden, weil der miltärische Gürtel um D
enger und straffer gewesen wäre.

Sie sehen, auch wenn Die wiedermal einiges
verwunderlich fanden, so hat es doch ebenso Hand
und Fuß wie Ihre wenig verwunderlichen
Ausführungen ;-)


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