Quintessenz der Ostermärsche

GegenGerd@DG, Dienstag, 22. April 2003, 20:39 (vor 7697 Tagen) @ David Gilmour

Mir ist immer noch nicht Ihr Standpunkt klar. In
jenem zerstörten Friedensmythen-Thread
betrachteten Sie noch >die Befreiung des Iraks von
dem Schreckensregime Saddams als gutes
Nebenprodukt des Krieges. Jetzt zweifeln >sie
selbst daran.

Natürlich zweifle ich. Wenn tausende Menschen für
den in meinen Augen überaus erfreulichen Sturz
eines Diktators sterben müssen, MUSS man sich doch
fragen, ob es wirklich die weniger furchtbare
Alternative war, so viel Blut zu vergießen. Genau
das aber fehlt mir bei vielen, die jetzt nach
Frieden um jeden Preis rufen: Sie zweifeln nicht.
Sie sehen Bilder von Folterkammern, von Menschen,
die in Autobahnunterführungen nach geheimen
Gefängnissen suchen, in denen sie ihre Verwandten
zu finden hoffen. Sie sehen Exilanten, einige von
Millionen, die das Land wegen des Diktators
verlassen haben, hören deren furchtbare
Erfahrungen. Sie sehen jubelnde Menschen. Sie
sehen Menschen, die Amerika verabscheuen, aber
dennoch auch froh darüber sind, endlich das Joch
der Diktatur überwunden zu haben. Und sie zweifeln
dennoch nicht eine Sekunde, ob ihre pauschale
Verurteilung des Krieges nicht zu einseitig ist
oder wollen nicht wahr haben, daß ihr Frieden für
die Iraker auch furchtbare Folgen gehabt hätte.
Das kann ich nur schwer verstehen. Und genau so
äußern sich doch auch viele Iraker. Vor Ort wie im
Exil.

Der permanente Vorwurf der doppelten Moral und
undifferenzierten Verallgemeinerung der FBs wird
langsam
peinlich.

Was ist daran peinlich? Bisher hat niemand das
ernsthaft widerlegen können. Und auch nicht
begründen, WARUM man sich so einseitig
präsentiert. Ich begreife es nicht. Und für mich
ist ein entscheidender Grund, große Probleme mit
weiten Teilen der Friedensbewegung zu haben. Wenn
man für den Frieden weltweit immer so
demonstrieren würde, könnte ich mir durchaus
vorstellen, mit auf die Straße zu gehen. Wenn es
aber nur gegen den angeblichen US-Imperialismus
und Blut für Öl geht, dann tut es mir Leid, dann
kann ich mich damit nicht identifizieren.

Das Oel-Argument hatten Sie von Anfang an von der
Debatte ausgeschlossen. Dabei hätten Sie damit zum
Beispiel eine wunderbare Erklärung gehabt, warum
Russland sich so fein herausgehalten hat und
niemand gegen > den Tschetschenien-Krieg
protestiert hat.

Ich halte die Öl-Geschichte ebenso wie die
Rüstungsbeziehungen auf beiden Seiten nicht für
das vorrangige Motiv und halte eine ausschließlich
oder vorrangig darauf beruhende Argumentation für
wenig durchdacht und klug. Was Tschetschenien mit
der Öl-Frage zu tun hat, wird mir allerdings noch
nicht ganz klar.

Und wie bereits gesagt, meiner Ansicht nach hätte
ein Despot wie Saddam nicht davor
zurückgeschreckt, MVW
einzusetzen.

Da kommen wir vermutlich zu wenig neuem: Ich kann
mir weiterhin nicht vorstellen, daß all die
Ungereimtheiten, die UNSCOM in Jahren der
Inspektionen entdeckt hat - und das waren bestimmt
nicht alle, die es gab - sich plötzlich in Luft
aufgelöst haben sollten, nachdem es KEINE
Inspektionen mehr gab. Und wenn man tatsächlich so
korrekt war und alles, was nachweislich da war,
freiwillig vernichtet hat - warum hat man das dann
bitte nicht dokumentiert und schnell dafür
gesorgt, daß die Welt dies sieht? Immerhin hat
1441 AKTIVE Kooperation gefordert. Und auch wenn
Herr Blix es so interpretiert hat, um einen Krieg
zu verhindern, kann man wohl kaum behaupten, der
Irak sei besonders aktiv vorgegangen. Sonst hätte
er z. B. umgehend Ende 2002 Rechenschaft über Vx
und Anthrax ablegen können. Wenn man doch alles
vernichtet oder nie besessen hatte!?


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