Quintessenz der Ostermärsche

Zeus@gg, Donnerstag, 24. April 2003, 13:02 (vor 7696 Tagen) @ GegenGerd@zeus

Lieber gg,

warum die Flinte ins Korn werfen (auch wenn sie
dahin gehört); wozu die bitteren Töne? Tatsächlich
schreibe ich mich gern mit Ihnen und habe mich
lediglich um Straffheit in der Argumentation
bemüht; sie neigen ein wenig - das konstatiere ich
ohne Kritik - zur gedanklichen Fahrigkeit ; viele
Argumente werden angeführt, darunter auch starke,
aber sie haben wenig Systematik und scheuen sich,
manch angefangenen Gedanken konsequent zu Ende zu
denken. Deswegen kehrte ich ein wenig den
»Oberlehrer« heraus, der mir vielleicht auch sonst
- ich gebe es zu - ein wenig im Blute liegt ;-)

Damit zurück zu Ihren Argumenten:

Die Aussage gilt allenfalls als ´bewährt bis auf
weiteres´, aber keinesfalls als wahr. Sonst

würden

sie implizieren, daß man eine Aussage letztgültig

verifizieren kann, was aber schlechterdings nicht

möglich ist.


Dreierlei: Erstens würde es mir vollauf genügen,
Sie »vorläufig« oder »bis auf weiteres« widerlegt
zu haben; nichts anderes meine ich, wenn ich Sie
zu einer »Falsifizierung« auffordere. Zweitens:
Siehe Evis kurze aber wahre Replik ;-) Drittens:
Wenn wir uns schon in die Popperschen Gefilde
verirren: Innerhalb axiomatischer Theorieen gibt
es durchaus verifizierbare Aussagen, die immer
wahr sind - natürlich innerhalb des Wirkbereiches
jener Axiome. Das jedoch nur nebenbei. Worauf ich
hinaus wollte: Ihre fehlende Auseinandersetzung
mit meiner Kritik an Ihrem eingänglichen Argument;
solange diese nicht statthatte gilt diese Kritik
(zumindst innerhalb dieses Threads :-).

und ich würde nicht auf Ihre
Aussagen eingehen (Ich habe dies getan, während
Sie mir bisher noch immer nicht erklärt haben,
WARUM eine gewisse Einseitigkeit, die Sie selbst
attestieren, besteht)


Wo bitte haben Sie sich mit meiner Kritik
auseinandergesetzt? Die Frage nach dem »Warum«
taucht in unserer Debatte zum ersten male auf; sie
betrifft auch nicht den wesentlichen Kern Ihrer
Kritik. Denn was Sie eigentlich sagen wollten, ist
*daß* die besagte Einseitigkeit besteht; implizit
geht der Vorwurf jedoch weiter: eine Kritik an den
USA, die nicht gleichzeitig auch alle anderen
derzeitigen Kriegsverbrecher anklagt ist
unberechtigt (oder stört sie zumindest »SEHR«).
Meine einzige Anmerkung war nun, daß jenes
»unberechtigt« nicht haltbar sei; mit dem
»Störenden« gehe ich durchaus konform, auch wenn
ich Ihr großgeschriebenes SEHR nicht davor setzen
würde.

Was nun die Frage nach dem Warum betrifft, so
fällt sie letztendlich paradoxerweise auf die USA
selbst zurück. Natürlich sind die Massenproteste
eine unmittelbare Folge der Omnipräsenz und
allseitigen Thematisierung des bevorstehenden
Krieges in den Medien. Wären ähnlich viele
Leitartikel und Analysen zum Tschetschenienkrieg
erschienen, hätte die Bundesregierung dort
eindeutige Interessen - die Anti-Kriegsdemos gegen
den Tschetschenienkrieg wären sehr wahrscheinlich.
Daß der Irakkrieg derart in den Medien
breitgetreten wurde liegt ursprünglich an der
US-Regierung daselbst: Diese mußte - Wie erklär´
ich´s meinem Kinde? - den Krieg rechtfertigen,
bevor Sie Ihn begann, weswegen das Thema lang und
breit Eingang in Presse und Politik fand.
Natürlich gab es auch Gegenstimmen, die in D, F
und Ru sogar von den jeweiligen Regierungen
getragen wurden, weil deren imperiale und monätere
Interessen durch den Krieg gefährdet wurden. All
dieses, ich wiederhole mich wissentlich, kann den
gehabten Krieg nicht im Mindesten entschuldigen
oder rechtfertigen.

Das ist ein Aspekt des "Warum". Ein anderer ist,
daß der Iraq-Krieg nicht ohne Weiteres
vergleichbar mit Tschetschenien und dem Kongo ist.
Die letzteren beiden Konflikte tragen stark
bürgerkriegsähnliche Züge (auch wenn bestimmte
tschetschenische Kreise sich von Rußland
unabhängig wähnen und Ruanda den östlichen Kongo
immer wieder überfallen hat), während der
Iraq-Krieg ein Angriffs- (und wie´s scheint
Eroberungs-)krieg ist. Im Falle der
bürgerkriegsähnlichen Konflikte, die natürlich
fürchterlich sind, ist es indes ungleich schwerer,
den Aggressor zu benennen und eine Protestadresse
zu finden. Wäre hier nicht eine starke UNO-Truppe
wünschenswert? Ein Staat allein könnte dieses
Unternehmen schwerlich in Angriff nehmen; er würde
immer in den Anruch kommen, das Land erobern zu
wollen (was im Falle des Kongo gar nicht so
abwegig wäre, denn es gibt dort reiche Vorkommen
an seltenen Erden, Ta und Nb).

Ein dritter Aspekt ist jener, daß eine Demo
sowieso zumeist nur einem definierten Ziele dienen
sollte. Abgesehen davon, daß ich es schon immer
grotesk fand, welch skurrile Vereine alles
ungeladen von großen Demos zu profitieren suchten,
finde ich nichts Schlechtes darin, den Protest
ausschliesslich gegen ein Ziel zu richten; die
Botschaft wird dadurch klar und deutlich. Daß
keine solche Demos zu den anderen genannten
Konflikten stattfinden, ist gewiss tadelnswert;
indes ihre Zusammenlegung mit einer
Anti-Kriegsdemo gegen den Iraq-Krieg zu fordern,
halte ich für unsinnig.


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