US-Medien im Krieg

Evi Dentz @ Gegen Gerd, Sonntag, 18. Mai 2003, 15:52 (vor 7859 Tagen) @ GegenGerd@EviDentz

Die deutschen Medien haben vor und während dieses

Krieges leider über weite Strecken ebenfalls
nichts anderes betrieben als bewußte oder
unbewußte Meinungslenkung.


Selbstverständlich gibt es nirgendwo eine völlig
neutrale Berichterstattung. Jeder Autor bringt
seine eigene Perspektive mit ein. Dies trifft
banalerweise auch für deutsche Journalisten zu.

Dennoch gibt es Unterschiede im Hinblick auf das
Maß, in dem Medien Standpunkte nicht nur
darstellen, sondern auch vertreten. Sollten Sie
der Meinung sein, dass die deutsche Presse
diesbezüglich mit der amerikanischen
gleichzusetzen ist, bitte ich Sie, mir das zu
beweisen. Zeigen Sie mir Artikel, die so geifernd
und hetzerisch sind wie z.B. die von Ralph Peters,
Joseph Farah oder Ann Coulter.

Hier ein paar kleine Zitate, und ich bin bereit,
noch mehr zu liefern:

Ralph Peters: "Wir sehen in Schröder (...) ein
politisches Tier von solcher Verkommenheit, daß er

allenfalls den europäischen Karikaturen
amerikanischer Schmalspurpolitiker ähnelt."

Ralph Peters: "Gerhard Schroeder doesn´t even
matter. The only politician in the West who can
make Bill Clinton seem a model of integrity and
courage, the German chancellor leads a feckless
nation of moral incompetents."

Ralph Peters "And the more Americans Saddam
manages to kill, the greater President Chirac´s
satisfaction will be."

Joseph Farah: "What about France and Germany?
Isn´t Nazism old hat there? Haven´t all the old
Nazi collaborators been punished? Why would the
people of France and Germany be so adamantly
opposed to war with a Nazi disciple?
Maybe they´ve been brainwashed."

Ann Coulter: "We should invade their countries,
kill their leaders and convert them to
Christianity. We weren´t punctilious about
locating and punishing only Hitler and his top
officers. We carpet-bombed German cities; we
killed civilians. That´s war. And this is war."

Wenn irakische Soldaten Frauen und Kinder als
Schutzschilde benutzt haben, wurde das als
Kriegsfakt in neutralem Tonfall dargestellt. Wenn

US-Soldaten nach mehreren Selbstmordattentaten an

Checkpoints aus Angst um ihr Leben überreagiert
haben, war die Empörung über die US-Mörder

dagegen

riesengroß.


Bitte zeigen Sie mir Beispiele! Sowohl für die
riesengroße Empörung als auch für die schiefen
Darstellungen in Bezug auf Schutzschilde. Dass an
Stellen, wo Sie Empörung erwarten, keine gezeigt
wird, ist jedenfalls KEINE Propaganda.

Es gibt unzählige weitere Beispiele,
die ich hier gern ein anderes Mal bringen will,
dafür, daß die deutschen Medien, v.a. das
Fernsehen, mit Hilfe der eingeladenen ´Experten´
vor und während des Krieges absolut einseitig
berichtet haben. Also kehren Sie bitte erst

einmal

vor der eigenen Haustür, bevor Sie, wie es

derzeit

ja extrem en vogue ist, auf die angeblich so
gleichgeschalteten US-Medien eindreschen.


Erstens stammt der Artikel nicht von mir. Zweitens
kann ich mich sehr gut auch an die vielen
Vertreter einer pro-amerikanischen Meinung während
der Irak-Diskussion erinnern. Drittens habe ich
meinen Standpunkt über die amerikanischen Medien
nicht erst gestern gebildet.

Ich habe neben der in der Presse u. a. auch die
Auseinandersetung in Kreisen der Wissenschaft vor

dem Krieg sehr intensiv verfolgt. Und die waren
außerordentlich kontrovers und übrigens

qualitativ

m. E. weitaus qualifizierter als die Diskussion
hierzulande, die sich weitgehend in den zumindest

impliziten Positionen ´Die Amis sind ruchlose
Mörder.´ und ´Kriegsgegner sind Saddam-Freunde´
erschöpften. Und wenn Sie beklagen, daß die Masse

der US-Bürger wenig über die tatsächlich zur
Debatte stehenden Fragen wußte, muß ich Ihnen
leider sagen, daß die Deutschen da auch nicht

viel

besser waren und sind. Da hörte man z. B. vor der

Wahl vielfach Klopse wie: ´Den Stoiber wähle ich
nicht, der will mit deutschen Truppen den Irak
einnehmen.´ und andere Stilblüten.


Ihre subjektiven Einzelbeobachtungen sagen doch
nichts über den Informationsstand der Bevölkerung
eines ganzen Landes. Um die beurteilen zu können,
braucht es empirische Untersuchungen, nicht
Einzelgespräche am Stammtisch.

Und dass in den USA qualifizierte Diskussionen
stattfinden, habe ich nie bestritten. Darum ging´s
hier bloß nicht. Sie scheinen zu glauben, Kritik
an den amerikanischen Medien sei dasselbe wie ein
´Alle Amis sind dumm´-Standpunkt.

Was die Auseinandersetzung hierzulande betrifft,
so ist es ja möglich, dass in Ihrer Wahrnehmung
die Positionen ausschließlich in ´Die Amis sind
ruchlose Mörder.´ und ´Kriegsgegner sind
Saddam-Freunde´ bestehen, aber damit beschreiben
Sie eher Ihre eigene Projektion als das Niveau der
Auseinandersetzung in den Medien - wir reden hier
ja schließlich nicht vom Broderforum. (Und auch da
finden Sie zwar den zweiten Spruch, aber den
ersten müssen Sie mir erst mal zeigen.)


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