US-Medien im Krieg

GegenGerd@E. D., II, Sonntag, 18. Mai 2003, 20:14 (vor 7859 Tagen) @ GegenGerd@E.D., I


Drittens habe ich
meinen Standpunkt über die amerikanischen Medien
nicht erst gestern gebildet.

Und davon rücken Sie auch nicht mehr ab, sehen
sich durch jeden noch so tendenziösen Artikel
bestätigt und verschließen die Augen vor der
Realität etwa der deutschen Medien. Glückwunsch!

Ihre subjektiven Einzelbeobachtungen sagen doch
nichts über den Informationsstand der Bevölkerung
eines ganzen Landes. Um die beurteilen zu können,
braucht es empirische Untersuchungen, nicht
Einzelgespräche am Stammtisch.

Ich weiß nicht, ob Sie´s wussten, aber empirische
Untersuchungen bilden die Realität auch nicht
immer richtig ab und sagen noch dazu oft sehr
unterschiedliche Dinge aus. Ich frage mich, wie
Sie von hier aus, beruhend auf ein paar
polemischen Zeitungsartikeln und ‚empirischen
Studien´, die Sie allerdings auch lieber nicht
anführen, glauben, beurteilen zu können, wie der
‚Informationsstand´ der Amerikaner ist. Da halte
ich die von Ihnen verschmähten ‚subjektiven
Einzelbeobachtungen´ im EIGENEN Land für weitaus
ergiebiger. Und was man da alltäglich hört und
erlebt, weckt jedenfalls in mir nicht gerade das
Bedürfnis, mich über die Uninformiertheit und
Urteilsunfähigkeit der Bürger anderer Staaten
aufzukröpfen.

Und dass in den USA qualifizierte Diskussionen
stattfinden, habe ich nie bestritten. Darum ging´s
hier bloß nicht. Sie scheinen zu glauben, Kritik
an den amerikanischen Medien sei dasselbe wie ein
´Alle Amis sind dumm´-Standpunkt.

Entscheiden Sie sich: Entweder betreiben die
amerikanischen Medien nun per se einseitige
Propaganda und machen so objektive Information
unmöglich oder nicht. Wenn es aber eine
qualifizierte Diskussion gab (und es gab sie),
dann fand sie nun einmal notwendigerweise (auch)
in den Medien statt (und das tat sie). Daß es
dabei AUCH einseitige Berichterstattung gab, darf
niemanden verwundern und ist in einer
Mediendemokratie doch nichts Außergewöhnliches.
Oder was ist die Berichterstattung der BILD? Oder
der taz? Oder der FR? Oder der Welt?

Was die Auseinandersetzung hierzulande betrifft,
so ist es ja möglich, dass in Ihrer Wahrnehmung
die Positionen ausschließlich in ´Die Amis sind
ruchlose Mörder.´ und ´Kriegsgegner sind
Saddam-Freunde´ bestehen, aber damit beschreiben
Sie eher Ihre eigene Projektion als das Niveau der
Auseinandersetzung in den Medien -

Ich sage ja nicht, dass die ganze Debatte auf
diesem Niveau verlief. Aber es gab schon vieles,
was SEHR platt war von Leuten, die sich dabei sehr
gut vorkamen. Hochtrabender und anspruchsvoller
als in den USA war die Diskussion hier jedenfalls
keineswegs. Allein schon deshalb nicht, weil die
Auseinandersetzungen hier m. E. mit weitaus
härteren, moralischen wie polemischen Bandagen
geführt wurde, als in den USA.

Was soll daran irrational sein? Glauben Sie etwa,
der Irak-Krieg hätte die Terrorismusgefahr
verringert? Natürlich nicht! Er hat sie
vergrößert.

Darüber kann, v. a. auf mittlere bis längere Sicht
sicher geteilter Meinung sein. Fragen Sie z. B.
mal die Israelis, ob sie es begrüßen, dass es
einen Diktator weniger gibt, der Unsummen für
Terroranschläge auf sie zahlt oder nicht. Da dies
aber das ziemlich einzige der unzähligen
Horrorszenarien von vor dem Krieg ist, das
zumindest noch theoretisch eintreffen könnte, will
ich Ihnen Ihre Freude daran nicht nehmen. (Daß
übrigens die politische Positionierung einer
Regierung und ihr Verhalten gegenüber der Region
für die Attentäter kein primäres Kriterium dafür
ist, wen man angreift, sehen Sie wohl nirgendwo so
‚schön´ wie am Djerba-Attentat, das sich nun
einmal gezielt gegen die ‚friedlichen´ Deutschen
gerichtet hat.)
Fakt ist aber auch: Die Menschen in Deutschland
waren vor Beginn des Krieges nicht wirklich akut
gefährdet, während des Krieges nicht und sind es
auch heute nicht. Allerdings wurden sehr wohl,
insbesondere aus Regierungskreisen, massiv Ängste
geschürt, die aber mit der Realität wenig zu tun
hatten und haben. Nur die Gefahr, die man
offensichtlich in Regierungskreisen selbst gesehen
hat (Thema Pockenviren aus dem Irak --- warum
sonst die Eile bei der Anschaffung des Impfstoffes
und nun nach dem Sturz Saddams plötzlich die
markante Rolle rückwärts?), die hat man
systematisch runtergespielt, weil die zwar
offenbar als existent betrachtet wurde, aber
leider so gar nicht ins politische Konzept passte.


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