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MAGA math

Alex @, Montag, 04. Juli 2022, 14:35 (vor 754 Tagen) @ Boothby

Mich beschleicht beim Lesen zweierlei: Erstens, dass Pickert hier ziemlich genau die Talking Points heute prominenter Never Trumper widerkäut, welche in kurz darauf hinauslaufen, dass Dems ein desorganisierter Haufen wären, weshalb sie die Verantwortung dafür träfe dass die politisch abgewirtschafteten Reps wie Scheiße an ihren Sohlen klebten.

Rick Wilson, Promi-Project-Lincolner, stellt etwa darauf ab, Dems könnten einfach kein Wahlkampf weil sie nicht begriffen hätten, worum es dabei ginge. Oder Tom Nichols, der skurrilerweise des Öfteren auf die Unbeliebtheit progressiver Postergirls and -boys bei den Dems abstellt (so als habe es irgendwann mal einen monolithischen Block gegeben) bzw., noch irrer, auf die Schulpolitik, die in den USA doch drastisch anders geregelt ist als bei uns (er findet, dass Dems sich hier unnötig eine Blöße geben würden, was deshalb skurril ist, weil in pro-trumpistischen Netzwerken Videos von Transen bzw. Drag Queens im Beisein von Kindern gehandelt werden wie früher News über Clintons Email-Verbrechen).

Die amerikanischen Demokraten sind (immer noch) in etwa mit der deutschen CDU der Vor-Merkel Ära zu vergleichen.
Die amerikanischen Reps mit ihrem deutschen Äquivalent. Plus evangelikalen Nonsens.
Kein Wunder, dass viele lieber das „Original“ wählen.
Und, das ist auch zumindest teilweise verständlich, solange die liberale (im schlechtesten Sinne) Presse bis in die Chefredaktionen von woken Spinnern durchsetzt ist.
Ohne Rücksicht auf das dicke Brett, das es mit dem reaktionären Wahlvolk zu bohren gilt.

Da ist einiges verdreht, so zum Beispiel E. Warrens Hinweis auf die Illegitimität des SCOTUS. Und zwar deshalb, weil er so tut, als wäre das eine Nachwirkung der trumpschen Performance. Das ist Quatsch, in jeder denkbaren Welt würde diese Behauptung zum Repertoire auch prominenter Figuren der Dems gehören, selbst Biden hat darauf verwiesen dass Leib und Leben von Frauen in den USA ab jetzt gefährdet wären.

Das Leben von Frauen wäre auch ohne diese schräge Entwicklung gefährdet, die Dems haben es in ihren Zeiten versäumt, diesem Thema rechtzeitig zu begegnen. Wie Udo schon anführte, war die Idee der Umgestaltung der Gesellschaft über den Supreme Court keine Idee der Reps...statt eine ordentliche Sozialpolitik zu betreiben, die die christlich-konservative Haltung vieler Wähler berücksichtigt.
Aber das waren ja nur Hinterwäldler.
Und dann die Entwicklung an den Hochschulen, denen sie nicht entschlossen entgegengetreten sind.
Dass sich das jetzt auch hier Bahn bricht, wie jetzt in Berlin, mit windelweichen Erklärungen des dortigen Pressesprechers, ist schlicht inakzeptabel.

Tatsächlich müssen sich die Dems sorgen machen wegen 2024 (oder auch nur die Midterms), und man kann beherzt davon ausgehen dass Dems sich für die Mobilisierungshilfe beim SCOTUS bedanken werden. Es liegt in der Natur der Sache dass Dems nicht über das selbe Arsenal an Symbolthemen verfügen wie die Reps, hier ist mal eines. Frauen in Suburbia waren schon zuvor die schwache Flanke der Reps, here we go.

Richtig. Und es käme auch darauf an, wie ich die Zahl der Nichtwähler für meine Sache mobilisiere.
Aber als Reps „light“ funktioniert das nun mal nicht.

Daneben sind die Talking Points der Never Trumper auch aus einem anderen Grund skeptisch zu sehen: Zu den unumstößlichen Legenden dieser Gruppe gehört es, dass Reps eigentlich ganz OK waren bis plötzlich ein Trump daher kam. Anders auch kaum denkbar: Bis 2015 waren sämtliche Protagonisten streng republikanisch aufgestellt.

So isses.

Nur hat sich der einhergehende Wahnsinn schon lange vorher abgezeichnet, es wird umgekehrt ein Schuh draus. Dass sich 2012 nochmal ein Romney als vermeintlich vernünftiger Kandidat durchsetzen konnte war die Ausnahme von der zu dem Zeitpunkt schon akzeptierten Normalität innerhalb der Reps, so wie die Palins 2008 schon. Nirgend wird die Schutzbehauptung deutlicher als beim republikanischen Edelfeder-Godfather himself, Bill Kristol, der mit Trumps Erscheinen einen regelrecht erleichterten Eindruck machte, so als könne er nun sämtliche Irrationalitäten der eigenen Schaffensperiode hinter sich lassen.

Die Reps und deren beschissene Realität interessiert mich einen Dreck.
Da ist auf Jahre keine Besserung in Sicht.
Die falsche Politik der Dems hat eine solche Figur wie Trump an der Spitze der Reps mitzuverantworten.
Denen war garnicht klar, wieso sie sich mit Madame Clinton vergaloppiert hatten.

Für Beobachter auch im Rückblick verwirrend, aber das Fass zum Überlaufen brachte letztlich Obama. Ein schwarzer brillanter Rhetoriker war schlicht für das weiße Amerika nicht verkraftbar. Simple as that.

Na klar. Ein bisschen Gülle über die Weißen kommt immer gut. Ist aber wenig hilfreich.
Und simpel scheint mir das auch, im schlechtesten Sinne.
Mag sein, dass nach einem dunkelhäutigen Präsidenten eine Frau ein No-Go war.
Zumal die Clinton sich oft als ein Flintenweib gerierte.
Und sich ihrer Sache aufreizend sicher war. Als „Nigger Of The World“-Angehörige möglicherweise ungeschickt, vor allem, wenn man große Ziele hat.
Und dann vielleicht deswegen gegen einen Voll-Macho verliert...

Ein weiteres Problem des Artikels ist offenbar semantischer Natur: Pickert vermengt fließend Probleme der Democrats mit der US-Demokratie als solche. Als ob Gerrymandering (bzw. die hier unerwähnt gebliebene Manipulation von Wählerregistern oder die tendenzielle Verschiebung des Wahlprotokolls zugunsten der Republikaner) den Democrats anzulasten wären.

Die Reps und ihre Anhänger wollen kein „wokes“ Amerika.
Ich übrigens auch nicht.
Auch kein wokes Deutschland.
Die Entwicklung hierzulande wird hoffentlich rechtzeitig und politisch geschickt gekontert, sonst wartet eventuell auch auf uns eine unangenehme Überraschung.
Dass sich die Reps mit denen von Dir angeführten Methoden einen Vorteil verschaffen konnten, zeigt auch die Schlafmützigkeit der Dems.
Ist auch ein Grund, sich mit neuer Robustheit dem Russenliebchen Trump zu widmen.


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