MAGA math

Boothby, Montag, 04. Juli 2022, 19:34 (vor 872 Tagen) @ Alex

Die amerikanischen Demokraten sind (immer noch) in etwa mit der deutschen CDU der Vor-Merkel Ära zu vergleichen.
Die amerikanischen Reps mit ihrem deutschen Äquivalent. Plus evangelikalen Nonsens.
Kein Wunder, dass viele lieber das „Original“ wählen.
Und, das ist auch zumindest teilweise verständlich, solange die liberale (im schlechtesten Sinne) Presse bis in die Chefredaktionen von woken Spinnern durchsetzt ist.
Ohne Rücksicht auf das dicke Brett, das es mit dem reaktionären Wahlvolk zu bohren gilt.

Ich halte wenig davon, die Parteienlandschaft 1:1 übertragen zu wollen bzw. aus der jeweiligen Perspektive zu deuten. Selbstredend sind Dems keine SPD, aber das ist nun mal die Lesart, und auch Bernie mag vlt eher einem Vermonter Jupp Laumann entsprechen, aber die Öffentlichkeit und auch er selbst reden eben über socialism. Freund und Feind nehmen das ernst.

Es macht vor Allem überhaupt keinen Sinn, die Dems an einem vorgeblichen Fringe festmachen zu wollen. Erstens weil bspw. AOC als hauptsächlicher Gottseibeiuns größtenteils ein mediales Konstrukt ist. Man kann diversen Hearings entnehmen dass sie sich sehr gut auf das klassische Abgeordnetenfach versteht. Und zweitens weil es sich dabei fast ausnahmslos um Projektion handelt: Die Bandbreite der jeweiligen Spektren war bis irgendwann in den 0ern nicht nur kein Problem, sondern logische Konsequenz eines Riesenlandes wie den USA. Da verhält es sich wie mit deutschen Sozen: Kanzler wird ein Schmidt, Schröder oder Scholz: Nicht unbedingt geborene Reloluzzer.

Seit es aber der republikanischen Partei und ihren Vorfeldorgas gelungen ist, ihre Basis komplett vom Rest des Landes/ der Welt zu isolieren, braucht es den permanenten haltet-den-Dieb-Moment. Man braucht das Bewerberfeld dabei gar nicht auf Figuren wie MTG, Boebert oder Gaetz einzugrenzen: Nahezu überall werden Kandidaten nach ihrer Bereitschaft zum kompromisslosen Schädelfrass selektiert. Dazu gehört selbstverständlich auch die Opferattitüde ggü feindlich gesonnenen MSM-Schergen und die weinerliche Klage darüber, dass das Heartland nicht gebührend geschätzt wird. Das kann natürlich nicht mehr rational vermittelt werden, stattdessen beschränkt man darauf, grundsätzlich jeden Diskurs mit maßlosem Quatsch zu verhunzen, der logischerweise über Zeit immer absurder werden muss.

Das Leben von Frauen wäre auch ohne diese schräge Entwicklung gefährdet, die Dems haben es in ihren Zeiten versäumt, diesem Thema rechtzeitig zu begegnen. Wie Udo schon anführte, war die Idee der Umgestaltung der Gesellschaft über den Supreme Court keine Idee der Reps...statt eine ordentliche Sozialpolitik zu betreiben, die die christlich-konservative Haltung vieler Wähler berücksichtigt.

Verstehe ich ehrlich gesagt nicht: Noch in den 60er-70er Jahren war es, einem honor system entsprechend, gar nicht vermittelbar, derartigen Schindluder bei der Besetzung des SCOTUS zu treiben. Das ist eine relativ neuzeitliche Entwicklung, die wohl mit der Transformation der Reps in den 90ern zu tun hat hat (und ja, mir ist natürlich klar, dass es auch in den 60ern Cranks bei den Reps gegeben hat, aber Goldwater dürfte für die heutige Entwicklung weniger maßgeblich sein als Gingrich).

Wenn die Dems sich diesen Schuh hätten anziehen wollen, hätten sie (vermutlich erfolgreich) die Zahl der Senatoren/ Richter in ihrem Sinne zu beeinflussen können. Gerade umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Dems weigern sich, die neuen Spielregeln zu akzeptieren, die Biden-Admin führt hier die softe Obama-Gangart seiner ersten 2 Jahre fort. Persönlich halte ich das für dumm, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, und Erfolg spricht auch für sich selbst.

Aber das waren ja nur Hinterwäldler.
Und dann die Entwicklung an den Hochschulen, denen sie nicht entschlossen entgegengetreten sind.
Dass sich das jetzt auch hier Bahn bricht, wie jetzt in Berlin, mit windelweichen Erklärungen des dortigen Pressesprechers, ist schlicht inakzeptabel.

Ganz ehrlich: Das krankt aus mehreren Gründen. Zunächst mal leiden die "Hinterwäldler" sehr viel mehr an einer republikanischen denn an einer demokratischen Agenda, entsprechend bemühen sich Reps auch gar nicht, irgendwas vernünftiges zum Thema zu sagen, sondern fokussieren sich ausschließlich auf Wortgeklingel und Symbolthemen. Trump wollte einer workers party vorstehen mit jede Woche infrastruture week und super viel clean coal. Er hat damit bereits begonnene Strukturwandel abgewürgt und sich ansonsten darauf verlassen, dass die WiPo des Vorgängers noch ein bisschen weiter Früchte trägt.

Und dann das Gerede über die Unis: Der Quatsch in Berlin ist keine Unterdrückung der Wissenschaftsfreiheit, es ging um eine Abendveranstaltung. Hätte sich die Uni nicht antun sollen, keine Frage, aber die Rednerin ist in einem Artikel in der Welt dermaßen polarisierend aufgetreten, dass selbst Matthias Döpfner selbst sich davon distanzieren musste. Als Judith Basad, eine notorische Esotrulle, im selben Kontext bei der Bild deshalb kündigte war die Reaktion ganz zurecht: Gelächter. Übrigens auch vom Chef Johann Boie. Der Fehler der Uni lag weniger in der Ausladung als vielmehr in der vorherigen *Einladung*. Der Termin stand aber offenbar schon länger, als die Fischexpertin in der Welt eine dicke Hose machte.

Und dann kommen wir zu den US-Unis: Was die Leute offenbar schwer verstehen, ist, dass Studenten in den USA, und das bezieht sich insbesondere auf die hier notorischen Unis, Kunden sind. Und zwar gute Kunden. Das muss einem nicht passen, aber so ist es nun einmal, die betreffenden Studenten haben sich das nicht mal selbst ausgedacht. Der Hauptgrund, warum safe spaces so eine große Rolle spielen ist der, dass der Kunde König ist.

Und während man sich über dergleichen Stuss wahnsinnig aufregt, säubern republikanische Staaten reihenweise die Lehrpläne bis hin zur Streichung von Mark Twain. Das ist kein Witz, sondern ein Massenphänomen.

Nur hat sich der einhergehende Wahnsinn schon lange vorher abgezeichnet, es wird umgekehrt ein Schuh draus. Dass sich 2012 nochmal ein Romney als vermeintlich vernünftiger Kandidat durchsetzen konnte war die Ausnahme von der zu dem Zeitpunkt schon akzeptierten Normalität innerhalb der Reps, so wie die Palins 2008 schon. Nirgend wird die Schutzbehauptung deutlicher als beim republikanischen Edelfeder-Godfather himself, Bill Kristol, der mit Trumps Erscheinen einen regelrecht erleichterten Eindruck machte, so als könne er nun sämtliche Irrationalitäten der eigenen Schaffensperiode hinter sich lassen.

Die Reps und deren beschissene Realität interessiert mich einen Dreck.
Da ist auf Jahre keine Besserung in Sicht.
Die falsche Politik der Dems hat eine solche Figur wie Trump an der Spitze der Reps mitzuverantworten.
Denen war garnicht klar, wieso sie sich mit Madame Clinton vergaloppiert hatten.

Ich gehöre wirklich zu der Art von Leuten, die davon ausgeht, dass man den Wähler entmündigt wenn man den politischen Gegner verantwortlich machen will für dessen Wahl. Es ist ganz einfach: Eine kritische Anzahl von Wählern innerhalb eines minority rule-Szenario entscheidet sich dafür, Cranks zu wählen. Das liegt auch nicht an Frau Clinton oder sonst wem, sondern den Wählern. Es war nicht die "falsche Politik" der Dems, die Trump befördert hat, sondern es waren die Wähler, die ihn gewählt haben. Die wurden nicht gezwungen, sie hatten Zugang zu einer freien Presse, das Mehrheitswahlrecht ist allen bekannt und es herrscht diesbezüglich weitgehender Konsens, es gibt also niemanden, den man sonst haftbar machen könnte.

Für Beobachter auch im Rückblick verwirrend, aber das Fass zum Überlaufen brachte letztlich Obama. Ein schwarzer brillanter Rhetoriker war schlicht für das weiße Amerika nicht verkraftbar. Simple as that.

Na klar. Ein bisschen Gülle über die Weißen kommt immer gut. Ist aber wenig hilfreich.
Und simpel scheint mir das auch, im schlechtesten Sinne.
Mag sein, dass nach einem dunkelhäutigen Präsidenten eine Frau ein No-Go war.
Zumal die Clinton sich oft als ein Flintenweib gerierte.

Trump ist buchstäblich damit in der Politik aufgestiegen, Obama als Kenyianer und heimlichen Moslem zu vertickern. Sie meinen, dafür habe es noch andere Gründe als seine Hautfarbe gegeben?

Die Reps und ihre Anhänger wollen kein „wokes“ Amerika.

Sag ich doch.

Dass sich die Reps mit denen von Dir angeführten Methoden einen Vorteil verschaffen konnten, zeigt auch die Schlafmützigkeit der Dems.

Dahinter steckt eine 250jährige politische Kultur, right or wrong. Schon nach der amerikanischen Revolution durften anschließend weniger Menschen an Wahlen teilnehmen als davor. Und wenn man das als solches als gesetzt sieht, kommt man wieder zu dem Schluss, dass die Wähler nicht in der Hand irgendeiner nachlässigen Obrigkeit sind, am allerwenigsten in den USA.

Ist auch ein Grund, sich mit neuer Robustheit dem Russenliebchen Trump zu widmen.

Aus Sicht von Reps nicht weiter wichtig, dann liebt man eben Russland. Das wird eher als Symbolthema verstanden das man beliebig mit neuen Sinngehalten aufladen kann. Reps finden auch, in Helsinki habe Trump richtig dicke Eier präsentiert.


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