Silberstreif?

NN, Donnerstag, 11. November 2021, 18:56 (vor 1107 Tagen) @ Serious Black

Hab mir das Kreuzverhör zu großen Teilen angesehen. Ich sah einen sehr unreifen jungen Mann, der auf den Straßen Kenoshas nach der Ausgangssperre nichts zu suchen hatte. Vor allen Dingen nicht mit einer geladenen AR-15 und full metal jacket Mun.

Die ‚Ich wollte meine Gemeinde schützen‘-Argument und ‚Ich wollte Verletzten helfen‘-Argumente hat der Staatsanwalt ziemlich demoliert. Mal gespannt was die Verteidigung dagegen setzen wird.

Der Staatsanwalt, der die Jury überzeugen muss, scheint aber nach Aussage von Rechtsexperten ansonsten einen eher schlechten Job gemacht zu haben. Er hat u.a. wohl ohne Not den trumpigen Richter (der auch schon früher auffällig war) gegen sich aufgebracht.

Abgesehen davon hatte der Zeuge, der Rittenhouse Schüsse überlebt hat, selber eine Waffe und diese Waffe, zu irgendeinem Zeitpunkt wohl auch draußen gehabt (wenn er auch keinen Schuss abgegeben hat). Und hier hat die Verteidigung wohl einen guten Job gemacht.

Wenn ich mich nicht täusche, könnte es darauf hinauslaufen, dass der Umstand, dass Rittenhouse a) keine Waffe führen durfte und b), in meinen Augen noch wichtiger, in Kenosha nicht das geringste zu suchen hatte, am Ende keine große Rolle spielt.

Notwehr mit illegaler Waffe gibt es auch im deutschen Recht: Rocker A führt illegal Knarre, wird bedroht, Rocker B schickt Killer, Rocker A erschießt Killer. (Straftat: Illegale Waffe.) Das sähe juristisch wahrscheinlich anders aus, wenn Rocker A mit Knarre auf einer Party von Rocker B erschienen wäre.

Im Fall Rittenhouse scheint nun die Verteidigung herausgearbeitet zu haben, dass Rittenhouse einen Grund hatte, sich bedroht zu fühlen und folglich in Notwehr zu schießen, obwohl er sich selber - und das ist in meinen Augen das Obszöne - erst in die Situation gebracht hat.

Dazu fällt mir wieder der schändliche Freispruch des Psychopathen George Zimmerman ein. Hobby-Cop Zimmerman geht Trayvon Martin, der nichts ausgefressen hatte, aggressiv an, obwohl er nicht den geringsten Grund dazu hatte. Trayvon Martin haut ihm aufs Maul, Zimmerman erschießt ihn anschließend, angeblich in Notwehr. (Zimmerman hatte einen sehr guten Strafverteidiger, ein Interview, dass ich mit einer Frau aus der Jury hörte, war eine Katastrophe.)

Damals dachte ich übrigens zum ersten Mal, dass mit Martin R.'s Kopf etwas nicht stimmt.


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