Die Schimäre des Völkerrechts

Sarah zum Völkerrecht (1), Samstag, 26. April 2003, 19:22 (vor 7693 Tagen) @ Zeus

Danke, dass Sie sich solch eine Mühe gemacht
haben.

Der Hinweis auf den Bruch des Völkerrechtes wurde
wiederholt als Argument gegen den Iraq-Krieg
gegeben; das Gegenargument lautete, daß das
geltende Völkerrecht innerstaatliche Gewalt nicht
verhindern könne und mithin keine Handhabe gegen
ein »neues Auschwitz« biete. Gleichwenn die
Verteidiger des Völkerrechts-Argumentes richtig
darauf verweisen, daß das Völkerrecht den
zwischenstaatlichen Verkehr regelt und also
»Auschwitz« nicht in dessen Wirkbereich fällt,
bleibt diese Entgegnung zum Einen unbefriedigend,
weil man sich trotzdem nach einer »höchsten
Instanz« sehnt, die »Auschwitz« verhindern könnte
und zum Anderen verkennt sie eine tiefere
Wahrheit, welche die Völkerrechtsgegner
(wahrscheinlich ohne sich dessen bewußt zu sein)
in ihrer Argumentation verborgen halten: Das
Völkerrecht dient faktisch der Sicherung des
staatlichen Gewaltmonopols.


Es dient aber auch - wie wir beim Irak-Krieg 1991
sehen können, auch der Außerkraftsetzung
staatlichen Gewaltmonopoles, nämlich desjenigen
Staates, gegenüber dem Krieg geführt wird.
Zu den Ausführungen bezüglich des Staates und
Gewaltmonopol nach innen habe ich nur
hinzuzufügen, dass der Schutz des Eigentums
wiederum dem Schutz der Herrschenden (d.h. derer,
die über Eigentum verfügen) gilt und dass deshalb
dieser Staat der Staat der Herrschenden ist und
ihren Interessen dient.
Darüberhinaus hat aber auch der Staat
Eigeninteressen und die Tendenz, sich deshalb von
den Interessen anderer abzusondern.

Wenn des Staates Gewaltmonopol nach innen
gesichert ist, bleibt ihm nur noch die Bedrohung
von außen.


Die "innere Sicherheit" ist niemals vollständig
sicher, da das Recht auch das Unrecht hervorruft
und die bürgerliche Gesellschaft mit Notwendigkeit
immer katastrophischere Krisen hervorbringt, die
von sozialer Unsicherheit, Anstieg der
Kriminalität, Streiks, politischen Unruhen
begleitet sind. Oftmals ist es dann die Aufgabe
der staatlichen Krisenpsychologen, ein äußeres
Feindbild zu schaffen, um die soziale Krise, die
sich im Inneren gegen die eigenen Institutionen
richten, gegen den äußeren Feind (oder auch
spezifische innere Gruppen, die dann stigmatisiert
werden) zu lenken. Der Klassenhass wird dann
mittels Propaganda und indem rechte/faschistische
Gruppen unterstützt werden zum Rassenhass
transformiert. Obwohl er für die Regierenden und
Herrschenden sowie den Staat nicht weniger
gefährlich ist (denke an das Ende des "3.
Reiches"), greifen sie jedoch immer wieder zu den
gleichen Krisenlösungen. Dies insbesondere in
Staaten, die - wie Deutschland - auf dem jus
sanguines beruhen. Der Nationalstaat hat immer ein
Doppelgesicht: das "Eigentliche" sind die eigenen
Staatsbürger - die "Uneigentlichen" sind die
"Fremden", die "anderen", die deshalb
Sondergesetzen unterworfen werden.

Dies also ist die Zweischneidigkeit des
Völkerrechtes: Einerseits dient es der Vermeidung
zwischenstaatlicher Gewalt, andererseits ist es
ein zutiefst bürgerliches Recht, welches das
Gewaltmonopol der (National-)Staaten sichert. Es
dient der Moderierung bürgerlicher Interessen,
anstatt jene selbst vor den Richter zu führen.


Hier ein noch ein interessanter historischer Abriß
des Völkerbundes:
http://www.voelkerbund-geschichte.de/


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