Die Schimäre des Völkerrechts

Zeus @ Evi Dentz, Freitag, 02. Mai 2003, 14:16 (vor 7875 Tagen) @ Evi Dentz @ Zeus

Evi Dentz @ Zeus schrieb:

Platte Antwort: Macht ist immer besser bei einem
Gremium aufgehoben. Auch auf interstaatlicher
Ebene.
D.h., auf Dauer wird die UNO die Rolle übernehmen
müssen, die die USA in den letzten Jahrzehnten
innehatten.


Liebe Evi,

ich hatte Ihre Antwort an mich glatt übersehen;
eben beim Überfliegen des Thread-Baumes fiel sie
mir ins Auge; ich bin sonst nicht so
unpünktlich...hmmm...ausser manchmal ;-)) (Wie
Oscar Wilde schon spruch: "Pünktlichkeit stiehlt
einem die Zeit.")

Ja, es ist leider wahr - Ihre Antwort ist ein
wenig zu platt, um befriedigen zu können. Zum
Einen sind "die USA" ja auch ein "Gremium" - aber
was Sie meinten, war vermutlich soetwas wie
Meinungspluralismus bei der Entscheidungsfindung.
Darin, daß ein solcher wünschenswert wäre, stimme
ich Ihnen gern zu; indes ist seine praktische
Bewerkstelligung durchaus ein Problem. Eine
Reorganisation der UNO zu einem demokratischen
"Weltparlament" (unabhängig davon, ob die
Mitgliedsstaaten "nach innen" eine vom Westen
anerkannte Demokratie pflegen) ist ein
fürchterlich kompliziertes Problem; ein guter
Kompromiss wird immer ein solcher sein, mit dem
alle Beteiligten unzufrieden sind (wie jeder gute
Kompromiss). Zusätzlich widerspricht diese
Zielsetzung dem eigentlichen (derzeitigen) Zweck
des "Völkerrechts", die uneingeschränkte
Souveränität des Staates zu wahren; es bedeutete
faktisch eine Abgabe wichtiger Staatskompetenzen
an den "Zwischenstaat".

Diesen grundsätzlichen Nachteil bringt auch das
"US-Völkerrecht" mit sich; nur gibt man besagte
Kompetenzen nicht an den Zwischenstaat, sondern an
die USA. Genau so stellen sich beispielsweise die
Briten die anfolgenden Jahre vor; sie zitieren den
großen Vorteil der sofortigen Verfügbarkeit und
Durchsetzbarkeit solcher Regelungen.

Spitzte sich die Frage also auf die Formel zu:
Meinungspluralismus oder sofortige praktische
Verfügbarkeit?

Konkurrierend mit diesen Ideen gilt mir jene
(weithin unbeachtet gelassene), nach der die UNO
anstelle einer radikalen Umstrukturierung und
Aufbau einer (enorm teuren) schlagkräftigen
internationalen Armee zunächst eine polizeiliche
Funktion zur Kontrolle des Waffenhandels
wahrnimmt. Dies ist sowohl finanziell machbar, als
auch praktisch (im Prinzip sofort) umsetzbar; es
würde (hoffentlich) kein jahrzehntelanges
Räsonnieren um Kompetenzen entbrennen. Ich
jedenfalls favorisiere den Ansatz zur Zeit als
guten und realistischen Kompromiss, der zudem
einen Schritt in die Richtung geht, die das Übel
bei seiner wahren Wurzel faßt, anstatt ihm immer
abwehrend und schadensbegrenzend hinterher zu
hecheln.


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