Frömmigkeit vs. Eiferertum

NN, Freitag, 14. Mai 2021, 21:59 (vor 1288 Tagen) @ Serious Black

Gehen wir mal zurück in den Juli des Jahres 2.000. Arafat, Clinton und Barak sitzen in Camp David über einem Friedensabkommen.
Tausende Peace Now Aktivisten demonstrierten lautstark ihre Unterstützung für Barak.

Tzali Reshef rief: ‚Das ist der Moment!‘

Ein paar Wochen später kam Barak mit leeren Händen zurück. Er hatte 100% von Gaza, 90% der Westbank, die Aufgabe der meisten Siedlungen und die Teilung Jerusalems zugesagt.

Arafat lehnte, ohne Gegenangebote zu machen, ab.

Schlomo Ben-Ami (acting FM) übte sich in Schadensbegrenzung und tourte ein paar Hauptstädte, um zu erklären was schiefgelaufen war.

Am 24. September empfing Barak Arafat bei sich zu Hause. Nach dem Treffen schickten beide Seiten Unterhändler zu Gesprächen nach Washington.

Am 27. September wurde der 19 jährige David Biri durch eine Bombe in Netzarim (im Gazastreifen) ermordet. Der erste Anschlag nachdem Barak angeboten hatte aus Gaza abzuziehen.

Dies war der Startschuss zur Zweiten Intifada.

Am nächsten Tag besuchte Oppositionsführer Ariel Sharon den Tempelberg. Schlomo Ben-Ami hatte den Besuch im Voraus mit Jibril Rajoub abgeklärt. Der versichert hatte, dass es keine Probleme geben würde, sofern sich Sharon abseits der Moscheen aufhielte.
Der Besuch selbst war kurz und verlief ereignislos. Sharon sagte Reportern wie wichtig der Tempelberg Juden sei und ging wieder.

Am Freitag, dem 29. September schleuderten muslimische Randalierer vom Tempelberg Steine auf betende Juden an der Klagemauer unterhalb. Anschließend sterben oben auf dem Berg 5 Demonstranten in Zusammenstößen mit der Polizei. Yossi Tabaya, ein israelischer Polizist wird auf Patrouille bei Kalkilya ermordet, als einer seiner palästinensischen Kollegen die Waffe zieht und ihn erschießt.

Am 30. September wird der 12 jährige Muhammad al Durrah erschossen und die Bilder sind wirkmächtiger als die vorangegangenen 7 Jahre in denen Israel der PA Freiheiten und Befugnisse übertragen hatte.

Am 12. Oktober biegen zwei Reservisten irrtümlich nach Ramallah ab und werden erst verhaftet und anschließend gelyncht. Der spontan auf den Plan gerufene Mob war geistesgegenwärtig genug um Journalisten vor Ort -fast- alle Aufnahmen abzunehmen.

Im November werden dann Siedler als Anschlagsziele ausgesucht.
Die schwerbewaffneten und militärisch ausgebildeten Siedler halten still und, genau wie heute, unterscheiden die Palästinenser nicht zwischen Juden in der Westbank und Juden in Israel.

Damals wie heute geht es um 1948 nicht 1967.


Dass Arafat ein ganz großer historischer Idiot ist und ein gutes Angebot ausgeschlagen hat, weil er glaubte, mit Gewalt noch mehr erreichen zu können*, steht für mich außer Frage.

Auch gehe ich davon aus, dass es der Hamas einzig und allein um 1948 geht.

Was ich gleichwohl für schädlich und unnötig halte, ist, wenn Hamas und Co. oder nützliche Idioten auf veritable israelische Fehler verweisen bzw. diese als Vorwand zur Eskalation nutzen können.

Du meinst offenbar, dass Letzteres im Grunde egal sei. Ich denke, dass ist falsch. Agree to disagree.


* So jedenfalls verschiedene Personen, die sich auf Gespräche mit Arafat berufen. Darunter dieser in GB ansässige palästinensische Journalist (dessen Name mir gerade nicht einfällt), der das auch noch toll fand und ein hoher PLO-Funktionär, der einräumte, dass dies keine gute Idee war. De facto hat er Barak und Scharon in Schutz genommen.


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