Frankreich - Deutschland / Ideologien - Pathologien

NN, Dienstag, 22. Juni 2021, 19:36 (vor 1252 Tagen) @ Serious Black

D'accord! Dennoch ist die Signalwirkung von 'weichen' Verurteilungen solcher 'Mischtypen' (sprich: vermindert schuldfähig UND Hassverbrecher) in Frankreich nicht zu unterschätzen.

1. Es deutet alles darauf hin, dass der Mörder Sarah Halimis Paranoide Schizophrenie hat, was herkömmliche Denk- bzw. Wahrnehmungsprozesse ungleich stärker behindert / verhindert, als irgendeine Persönlichkeitsstörung. Anders formuliert: Personen mit Paranoider Schizophrenie - während eines Schubs haben sie i.d.R. akustische und/oder visuelle Halluzinationen -, dürften zu den letzten gehören, die mit einer weichen Verurteilung kalkulieren. (Abgesehen davon scheren sich auch klinisch gesunde Terroristen wenig um eine mögliche Verurteilung, geschweige denn Selbstmordattentäter oder solche, die bei einer Tat das Risiko ihres eigenen Tods zumindest in Kauf nehmen. Das unterscheidet die meisten Terroristen von herkömmlichen Gewaltkriminellen. Letztere gehen zwar auch hohe Risiken ein, tun aber meistens mehr dafür, eben nicht erwischt zu werden.)

In den 90ern hatte ich mal einen Mitbewohner, der entsprechend durchgedreht ist, übrigens auch induziert durch starken Cannabis- und Alkoholmissbrauch. Wo bei entsprechendem Konsumverhalten die meisten Menschen früher oder später depressive Symptome an den Tag legen, kommen Personen mit einer Veranlagung für Paranoide Schizophrenie ganz, ganz anders drauf. Zu meinem Glück ist der besagte Mitbewohner bei einem gemeinsamen Bekannten auf Mallorca final durchgedreht. Er sprengte eine Fete, und es war großes Glück, dass dabei niemand schwer verletzt worden ist. Der Bekannte war durch das Geschehnis wochenlang mitgenommen, er hatte sich zuvor in maßloser Selbstüberschätzung eingeredet, dass er meinen damaligen Mitbewohner wieder "erden" könne.

Weitere Details erspare ich mir hier aus Zeitgründen. Ich kann das aber gerne weiter ausführen.


2. Der Mörder Sarah Halimis landet für mindestens 20 Jahre in der geschlossenen Psychiatrie. Wenn ich mich nicht täusche, wurde dies und Macrons Kritik an dem Urteil in Sheldon Adelsons Bibi-Blatt Israel Hayom ausgespart:

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/protest-in-paris-gegen-urteil-im-fall-von-g...

In Deutschland bedeutet geschlossene Psychiatrie ein reglementierteres Weggesperrtsein als Langzeitknast (anders als U-Haft), und ich vermute mal, dass das in Frankreich nicht anders ist.

Die schlechte Besonderheit im französischen Strafrecht im Falle von Schuldunfähigkeit scheint nun zu sein, dass es überhaupt nicht zu einem Hauptverfahren kommt, bei dem der Täter (soweit er sich wieder halbwegs auf dem Boden der Realität befindet) mit seiner Tat konfrontiert wird und in dem die Tat öffentlich/systematisch erörtert wird. Der Täter wird begutachtet und vernommen, muss aber im Falle von Schuldunfähigkeit nicht vor Gericht erscheinen. Das ist eine sehr unbefriedigende Rechtspraxis.


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